Bürgerkrieg in Syrien:UN halten Chemiewaffeneinsatz für wahrscheinlich

Wurden im Syrien-Konflikt verbotene Chemiewaffen eingesetzt? Erstmals sprechen auch UN-Ermittler davon, dass es für diese Annahme "hinreichende Gründe" gebe. Weitere Nachforschungen seien jedoch notwendig, betont das Gremium. UN-Experten müssten endlich in Syrien selbst ermitteln können.

Im syrischen Bürgerkrieg sind nach Erkenntnissen von UN-Ermittlern wahrscheinlich mindestens viermal chemische Waffen eingesetzt worden. Es gebe "hinreichende Gründe", dies zu glauben, teile die vom UN-Menschenrechtsrat berufene Syrien-Kommission in Genf mit.

Die meisten Hinweise beträfen das Vorgehen von Regierungstruppen, heißt es im jüngsten Lagebericht der Expertengruppe unter Leitung des brasilianischen Diplomaten Paulo Pinheiro. Man könne zwar nicht ausschließen, dass inzwischen auch Rebellen Zugang zu Chemiewaffen wie Nervengas hätten. Es gebe aber keine "zwingenden Beweise", dass diese Gruppen darüber oder über die erforderlichen Abschuss-Systeme verfügten.

Den Angaben zufolge sollen bei vier Angriffen in den Provinzen Aleppo, Idlib und Damaskus am 19. März sowie am 13. und 19. April "in eingeschränktem Maße giftige Chemikalien" benutzt worden sein.

Das aus mehr als 20 Personen bestehende UN-Team befragte nach eigenen Angaben mehr als 400 Zeugen - Flüchtlinge sowie per Skype Personen, die noch in Syrien leben - und sichtete auf Youtube veröffentlichte Videos. Die Syrien-Kommission schränkte in ihrem Bericht jedoch ein: "Es war auf der Basis des vorliegenden Beweismaterials nicht möglich, die konkrete chemische Substanz, das Abschuss-Systemen oder Täter festzustellen." Weitere Ermittlungen seien erforderlich.

Dringend notwendig sei vor allem, dass ein von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zusammengestelltes Expertenteam endlich selbst in Syrien die Vorwürfe untersuchen könne. Präsident Baschar al-Assad hatte die Untersuchungskommission ursprünglich selbst gefordert, lässt diese jedoch jetzt nicht ins Land.

US-Präsident Barack Obama hatte Assad gewarnt, dass mit dem Einsatz chemischer Waffen eine "rote Linie" überschritten würde. Das britische Militär, der israelische Militärgeheimdienst und die türkische Regierung haben von Beweisen für den Einsatz von chemischen Giften gesprochen. Die US-Regierung sah zumindest Hinweise auf einen Einsatz des Nervengifts Sarin im Syrien-Konflikt.

Das Assad-Regime und die Rebellen beschuldigen sich gegenseitig des Einsatzes chemischer Waffen, was nach internationalen Abkommen ein Kriegsverbrechen darstellen würde.

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