Krieg in Syrien:Sanktionen gegen Russland dürfen nicht leichtfertig ausgeschlossen werden

Krieg in Syrien: Der russische Präsident bei einer Pressekonferenz in Indien.

Der russische Präsident bei einer Pressekonferenz in Indien.

(Foto: AP)

Moskau kündigt eine Mini-Feuerpause in Aleppo an. Trotzdem sollte der Westen neue Strafen gegen Russland nicht kategorisch ablehnen. Wer das tut, teilt Präsident Putin mit, dass er in Syrien machen kann, was er will.

Kommentar von Daniel Brössler

Die Außenminister der Europäischen Union sind "entsetzt" darüber, wie sehr sich die Lage in Syrien verschlechtert hat. Das haben sie mit dem Rest der Welt gemeinsam. Das Leiden der Menschen in Aleppo ist eine Katastrophe und die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft, es auch nur zu lindern, eine Schande. Den EU-Außenministern ist abzunehmen, dass sie diese Scham spüren. Doch darauf kommt es nicht an. Die Frage ist, wie lange die EU den Gräueln in ihrer Nachbarschaft noch so relativ tatenlos zusehen kann.

Auf Forderungen nach Sanktionen gegen das für das Morden in Aleppo direkt und indirekt verantwortliche Russland haben die Außenminister überwiegend mit großer Skepsis reagiert. Sie fürchten, dass Verhandlungen über eine Waffenruhe und über humanitäre Hilfe für die Eingeschlossenen dadurch erschwert oder unmöglich werden könnten. Eine Rolle spielt auch die Sorge, dass der russische Präsident Wladimir Putin sich rächen könnte, indem er den Krieg im Osten der Ukraine wieder verschärft. Russland soll daher auf diplomatischem Wege zur Umkehr bewogen werden.

Am Montagabend berichtete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das russische Militär von einer vorübergehenden Waffenruhe: Demnach wollen russische und syrische Streitkräfte am Donnerstag acht Stunden lang ihre Angriffe auf die schwer umkämpfte Stadt Aleppo einstellen. Nach einer grundsätzlichen Umkehr Moskaus klingt das nicht. Was aber, wenn keine Hoffnung mehr besteht, dass diese auf diplomatischem Wege erreicht werden kann?

Ohne Sanktionen und die Drohung hätte Putin den Krieg im Osten der Ukraine womöglich noch viel heftiger eskalieren lassen

Sanktionen seien wirkungslos, wird oft behauptet. Belegt wird das selten. Wirtschaftlich spürt Russland die wegen des Krieges im Osten der Ukraine verhängten Strafmaßnahmen sehr wohl. Ohne Sanktionen und die Drohung mit deren Verschärfung hätte Putin den Krieg im Osten der Ukraine womöglich noch viel heftiger eskalieren lassen. Die USA und die EU haben es durchaus in der Hand, Russland wirtschaftlich noch viel stärker unter Druck zu setzen. Die Drohung damit ist eines der wenigen Machtmittel, die dem Westen bleiben.

Es stimmt, dass Sanktionen nicht leichtfertig verhängt werden dürfen. Genauso richtig ist aber auch, dass Sanktionen nicht leichtfertig ausgeschlossen werden dürfen. Wenn Putin nicht einmal verstärkten wirtschaftlichen Druck zu fürchten hat, hat er gar nichts zu fürchten. Wer neue Strafmaßnahmen unter allen Umständen ablehnt, teilt dem Kremlchef freundlich mit, dass er in Syrien freie Hand hat.

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