Krieg in Libyen:Rebellen umzingeln Tripolis

Brega, Sawija, Slitan: Die libyschen Rebellen berichten von wichtigen Erfolgen im Kampf gegen die Truppen von Gaddafi. In Tripolis mehren sich die Anzeichen dafür, dass der langjährige Machthaber nicht mehr viel Spielraum hat. Sogar den Banken geht das Geld aus.

Die libyschen Rebellen haben im Kampf gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi wichtige Gebietsgewinne gemeldet: Sie brachten die strategisch wichtige Hafenstadt Brega im Osten sowie die Küstenstadt Sawija im Westen vollständig unter ihre Kontrolle. Sawija liegt nur 50 Kilometer von der libyschen Hauptstadt Tripolis entfernt, die von den Truppen Gaddafis verteidigt wird. Unterdessen sagte sich ein ehemaliger Vertrauter Gaddafis vom Regime los und setzte sich ins Ausland ab.

Während die Rebellen auf Tripolis vorrücken, bereiten sich Gaddafi verbliebenen Truppen augenscheinlich auf die Verteidigung der Hauptstadt vor. Ein Bewohner sagte am Samstag: "Überall sind Bewaffnete in den Straßen, Soldaten, Angehörige der Revolutionskomitees (des Gaddafi-Regimes) und Freiwillige der Volksschutz-Truppen."

Auch wirtschaftlich zeigen die internationalen Sanktionen gegen Libyen und das Vordringen der Rebellen auf die Hauptstadt Wirkung: Den Banken in Tripolis geht das Geld aus, Staatsangestellte bekommen derzeit keine Gehälter mehr ausgezahlt. "Seit Donnerstag haben wir kein Geld mehr und wir wissen auch nicht, wann sich das ändern wird", sagte ein Bankangestellter in Tripolis. Treibstoff und andere Güter sind schon länger knapp.

Die Rebellen hatten zuvor berichtet, nach den Niederlagen der Gaddafi-Truppen in mehreren Ortschaften rund um Tripolis sei eine große Anzahl Kämpfer der Regierungstruppen in die Hauptstadt geflohen. Augenzeugen in Tripolis hörten in der Nacht heftige Gefechte. Diese seien viel intensiver gewesen als die vereinzelten Schusswechsel, die es in den vergangenen Wochen bereits mehrfach gegeben hatte. Nach ihren jüngsten Erfolgen zeigen sich die Rebellen überzeugt, dass die Tage Gaddafis gezählt sind.

Die Rebellen hätten das Industriegebiet von Brega eingenommen, nachdem sie in der vergangenen Woche bereits die Wohngebiete erobert hätten, sagte Sprecher Ahmed Bani. "Wir haben Brega befreit", sagte Bani der Nachrichtenagentur AP. Ein weiterer Rebellensprecher, Mohammed Idris, erklärte, bei den Gefechten mit Regierungstruppen seien zwei Aufständische getötet und 15 weitere verletzt worden. Eine Bestätigung für die Angaben der Rebellen gab es zunächst nicht.

In Brega, etwa 200 Kilometer südwestlich der Rebellenhochburg Bengasi, befinden sich Ölraffinerien. Die Stadt war in den sechs Monaten seit Beginn des Bürgerkriegs heftig umkämpft. Die Rebellen nahmen Brega schon im März ein, wurden dann aber von Regierungstruppen zurückgedrängt. Seitdem wechselte die Kontrolle über die Stadt mehrfach zwischen beiden Seiten.

Südöstlich der Hauptstadt Tripolis nahmen die Rebellen am Freitag die Stadt Slitan ein. Die Gefechte kosteten 31 Kämpfer das Leben, weitere 120 wurden verletzt, wie ein Sprecher sagte. Slitan galt als wichtiges Hindernis für die Rebellen bei einem Vorstoß nach Tripolis aus östlicher Richtung.

Der britische Generalmajor Nick Pope sagte, Flugzeuge der britischen Luftwaffe hätten als Teil der Libyen-Mission der Nato zwei Bereitstellungsräume von Gaddafi-Truppen in Slitan angegriffen. Rebellensprecher Mahmud Schammam sagte am Freitag, der frühere Ministerpräsident Abdel Salam Dschallud habe sich von Gaddafis Regime losgesagt und sei auf dem Weg nach Europa. Auf Facebook-Seiten der Aufständischen waren Bilder Dschalluds in der westlibyschen Stadt Sintan zu sehen.

Die frühere Nummer zwei des Regimes hatte Gaddafi bei dessen Putsch 1969 maßgeblich unterstützt. Zwei Jahrzehnte lang war er der engste Vertraute des Staatschefs, bis beide sich in den 90er Jahren zerstritten.

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