Krieg in Libyen:Nato bestreitet Luftangriffe auf Tripolis

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Die Nato hat Berichte dementiert, sie habe am Donnerstag die libysche Hauptstadt bombardiert. Es seien lediglich militärische Ziele außerhalb von Tripolis angegriffen worden. In Berlin bekräftigten die Nato-Partner, bis zur Einstellung aller Angriffe gegen libysche Zivilisten kämpfen zu wollen.

Die Nato hat bestritten, am Donnerstag mehrere Ziele in der libyschen Hauptstadt Tripolis angegriffen zu haben. "Wir können bestätigen, dass Flugzeuge heute Nachmittag eine Batterie von SA-2 Flugabwehrraketen 40 Kilometer südlich von Tripolis getroffen haben", sagte eine Nato-Sprecherin in Berlin. Das libysche Staatsfernsehen hatte behauptet, die Ziele hätten in der Stadtmitte gelegen. Die Nato-Sprecherin sagte, dies sei "eine eindeutige Falschinformation, wie wir sie in diesem Jahr schon mehrere Male erlebt haben". "Wir sind bei der Zielauswahl sehr sorgsam, um die Gefahren für die Zivilbevölkerung so gering wie möglich zu halten."

Kurz nach Bekanntwerden der vermeintlichen Nato-Luftangriffe auf Tripolis, ließ das Gaddafi-Regime Bilder veröffentlichen, die den libyschen Dikator in einem offenen Wagen bei der Fahrt durch die Hauptstadt zeigen. (Foto: Reuters)

Zuvor hatten mehrere Nachrichtenagenturen unter Berufung auf Augenzeugen berichtet, das Militärbündnis unter Führung der Nato habe Tripolis unter Beschuss genommen. Auch hatte es geheißen, die Allianz habe erneut die Gaddafi-Residenz in Bab el Asisija im Süden der Stadt unter Beschuss genommen.

Bildstarke Regime-Propaganda

Der Dikator selbst ließ Bilder veröffentlichen, die ihn in einem offenen Wagen, seinen Anhängern zujubelnd bei der Fahrt durch Tripolis zeigen. Angeblich sollen die Aufnahmen während des vermeintlichen Nato-Angriffs entstanden sein. Der staatliche libysche TV-Sender al-Libiya hatte verbreitet, bei einem Nato-Luftschlag in der Hauptstadt habe es auch zivile Opfer gegeben.

Zudem gab es Berichte von Nato-Bombardements in Sirte, der Heimatstadt Gaddafis: Augenzeugen berichteten, die Luftangriffe hätten vermutlich militärischen Zielen gegolten. Die heftigen Explosionen hätten dazu geführt, dass in zahlreichen Wohnhäusern die Fensterscheiben geborsten seien.

Nato will Libyen-Einsatz "so lange wie nötig" fortsetzen

Unterdessen haben sich die Nato-Partner in Berlin darauf geeinigt, ihren Einsatz gegen die Gaddafi-Truppen "so lange wie nötig" fortsetzen. Die Allianz sei "fest entschlossen", bis zur Einstellung aller Angriffe gegen libysche Zivilisten weiterzukämpfen, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Donnerstag nach Beratungen der Nato-Außenminister.

"Wir haben die Verantwortung, die Zivilisten in Libyen gegen einen brutalen Diktator zu schützen", sagte Rasmussen. Dafür werde die Nato ein "hohes operationelles Tempo" beibehalten. Im Namen der Nato-Länder forderte er Gaddafi auf, alle Angriffe auf Zivilisten einzustellen, seine Truppen aus besetzten Städten abzuziehen und Zugang zu allen hilfsbedürftigen Menschen in Libyen zu gewährleisten. Diese drei Punkte wurden auch im Abschlussdokument des Treffens als Bedingungen für ein Ende des Libyen-Einsatzes genannt.

Rasmussen sagte, der Einsatz solle streng dem Mandat des UN-Sicherheitsrats folgen. Auf die Frage, ob die Nato Rüstungslieferungen an die Rebellen zulassen wolle, verwies der Generalsekretär auf das im Mandat enthaltene Waffenembargo. Zuvor hatten sich Italien und Katar dafür ausgesprochen, die Aufständischen mit Waffen zu unterstützen.

Rasmussen rief dazu auf, für präzise Angriffe auf Ziele am Boden spezielle Flugzeuge bereitzustellen, um zivile Opfer zu vermeiden. An dem Treffen in Berlin nahmen auch Nicht-Nato-Staaten wie Schweden und Katar teil.

US-Außenministerin Hillary Clinton bekräftigte, ihr Land werde den Einsatz in Libyen bis zum Abgang Gaddafis "kräftig unterstützen". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte bei einem Treffen am Donnerstagmorgen mit Clinton, zur Lösung des Konflikts müssten sowohl "militärische Möglichkeiten" als auch ein "politischer Prozess" genutzt werden.

Am Abend bemüht sich die Kanzlerin dann, dem Eindruck entgegenzutreten, die internationale Staatengemeinschaft sei im Libyen-Konflikt gespalten. Mit der Libyen-Resolution des Weltsicherheitsrats hätten die Vereinten Nationen ihre Entschlossenheit demonstriert, dem Krieg von Muammar al-Gaddafi gegen sein eigenes Volk ein Ende zu bereiten. "Die Resolution gilt. Die internationale Staatengemeinschaft steht zusammen", sagte Merkel bei einem Empfang in Berlin.

Auch Deutschland teile die Ziele der Resolution trotz seiner Enthaltung im Sicherheitsrat "uneingeschränkt", betonte die Kanzlerin. "Jeder von uns leistet vielfältige Beiträge, um diese Resolution durchzusetzen - militärische wie nicht-militärische." Merkel bekräftigte die deutsche Bereitschaft zu einem humanitären Hilfseinsatz für die libysche Bevölkerung.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte zu Beginn der Sitzung den Rückzug Gaddafis gefordert. Später sagte er nach Angaben aus Delegationskreisen, es müsse geklärt werden, wann und wie der Militäreinsatz beendet werden könne.

Ban fordert sofortigen Waffenstillstand

Bei einer Libyen-Konferenz in Kairo hatte zuvor UN-Generalsekretär Ban Ki Moon seine Forderung nach einem Waffenstillstand bekräftigt. EU-Außenministerin Catherine Ashton erklärte dagegen, Brüssel wolle, dass Gaddafi "sofort" abtrete. An dem von den Vereinten Nationen mitorganisierten Treffen nahmen auch Vertreter der Arabischen Liga, der Afrikanischen Union und der Organisation der Islamischen Konferenz teil.

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