Krieg in Libyen: Tote Zivilisten:Libyen bezichtigt Nato des Terrorismus

Die Bombardements gehen weiter, genau wie die Propagandaschlacht um Libyen. Die Regierung führt Journalisten zum pulverisierten Haus eines Gaddafi-Vertrauten - die Nato soll dort 15 Zivilisten getötet haben. Das Militärbündnis dementiert den Angriff.

Gerade erst musste die Nato öffentlich den Tod libyscher Zivilisten bei einem Luftangriff bedauern, da erhebt das Regime Muammar al-Gaddafis wieder schwere Vorwürfe gegen das Militärbündnis. Bei einem Nato-Angriff auf ein Anwesen eines Gaddafi-Vertrauten westlich der Hauptstadt Tripolis sind nach Angaben der libyschen Regierung 15 Menschen getötet worden.

People inspect the rubble of a residential building, which Libyan officials say was hit by a NATO air strike, in Tripoli

Am Sonntag führten libysche Regierungsmitarbeiter Journalisten zu einem zerbombten Haus in Tripolis. Hier sollen neun Menschen bei einem Luftangriff der Nato getötet worden sein. An diesem Montag zerstörte die Nato laut Libyens Regierung das Haus eines Gaddafi-Vertrauten. Dabei sollen 15 Menschen gestorben sein.

(Foto: Reuters)

Das Militärbündnis habe am Montagmorgen das Anwesen von Choweildi al-Hamidi in der Nähe der Stadt Surman bombardiert, teilte ein libyscher Regierungssprecher mit. Bei dem Angriff seinen unter anderem Verwandte von al-Hamidi getötet worden. Der Sprecher nannte die angebliche Attacke eine "terroristische und feige Tat".

Die Nato wies den Bericht zurück und erklärte, in den vergangenen 24 Stunden seien in der Gegend keine Luftangriffe geflogen worden. Allerdings deuten Berichte von Journalisten vor Ort darauf hin, dass es dort Tote gegeben hat.

Die BBC schreibt auf ihrer Internetseite, Libyens Regierung habe einen ihrer Korrespondenten zu einem Haus geführt, das "pulverisiert" gewesen sei. Acht Luft-Boden-Raketen schlugen laut dem britischen Sender in das Gebäude in Surman ein. Der Ort liegt 80 Kilometer westlich von Tripolis. Dem BBC-Reporter zufolge waren unter den Toten zwei Kleinkinder und eine schwangere Frau.

Auch ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtet über mehrere zerstörte Gebäude. Er habe auch einen abgetrennten Kopf in den Trümmern gesehen.

Al-Hamidi gehört zum inneren Machtzirkel um Gaddafi. Er war ein Gefährte des Diktators, als dieser sich 1969 unblutig an die Macht putschte und war einer der zwölf Mitglieder des Revolutionären Kommandorates. Zuletzt kursierten allerdings Gerüchte, dass er sich mir dem Regime überworfen, seine politischen Ämter niedergelegt habe und unter Hausarrest stünde.

Italien sieht das Ansehen der Nato im Libyen-Krieg durch Angriffe in Gefahr, bei denen Zivilisten getötet werden. "Die Nato gefährdet ihren Ruf. Wir können uns den Tod von Zivilisten nicht leisten", sagte Außenminister Franco Frattini am Montag. Erst am Sonntagabend hatte die Nato einräumen müssen, dass bei einem ihrer Angriffe auf Tripolis libysche Zivilisten getöten worden sein könnten. Ein Geschoss hatte sein Ziel verfehlt. Libyens Regierung spach von neun Toten und mehr als einem Dutzend Verletzter.

Während die Nato weiter Angriffe fliegt, müssen ihre Verbündeten auf libyschem Boden weiter auf Geld aus dem Westen warten. Die EU-Außenminister nahmen bei ihrem Treffen in Luxemburg zwar den "dringenden Finanzbedarf" des Nationalen Übergangsrates der Rebellen zur Kenntnis. Allerdings gibt es ein rechtliches Problem: Die EU bezweifelt, dass das Geld den Rebellen zusteht. Deshalb wird weiter kein Geld aus den eingefrorenen Guthaben der Regierung Gaddafis überwiesen. Zuvor hatten Experten in der EU und der Libyen-Kontaktgruppe festgestellt, dass es nicht rechtmäßig sei, das eingefrorene Vermögen einfach an den Übergangsrat zu übertragen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte allerdings, die EU müsse "Mittel und Wege finden", das Geld zum Beispiel für den Wiederaufbau nach den Kämpfen zur Verfügung zu stellen. In Europa seien "erhebliche Milliardenbeträge eingefroren". Allein in Deutschland sind es mehr als sieben Milliarden Euro. "Diese Mittel gehören ja nicht unseren europäischen Staaten, sondern sie gehören den Menschen in Libyen."

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