Krieg in Libyen: Das Aufgebot:Obama will US-Einsatz dimmen

US-Präsident Obama und seine Generäle brauchen nicht noch eine schwierige Front - sie spielen ihre Rolle im Libyen-Krieg herunter, denn die meisten Amerikaner wollen keinen weiteren Kriegseinsatz. Schnellstmöglich soll darum Europa die Führung übernehmen.

Reymer Klüver, Washington

Noch ehe die ersten US-Raketen auf Ziele in Libyen abgefeuert worden waren, sprach die US-Regierung bereits vom Ende des Einsatzes. Präsident Barack Obama erklärte, er habe lediglich eine "begrenzte Militäraktion" genehmigt.

Krieg in Libyen: Das Aufgebot: US-Präsident Barack Obama hat seine Lateinamerika-Reise bewusst nicht abgesagt - er möchte die amerikanische Rolle herunterspielen. Die Mehrheit der Amerikaner ist der Ansicht, dass die USA keine Verpflichtung hätten, in Nordafrika aktiv zu werden.

US-Präsident Barack Obama hat seine Lateinamerika-Reise bewusst nicht abgesagt - er möchte die amerikanische Rolle herunterspielen. Die Mehrheit der Amerikaner ist der Ansicht, dass die USA keine Verpflichtung hätten, in Nordafrika aktiv zu werden. 

(Foto: AFP)

Sein Berater Ben Rhodes bestand darauf, dass der Hauptbeitrag der USA zu der Operation in Libyen an deren "Anfang" stehen werde. Und der Generalstabschefs der US-Streitkräfte, Admiral Mike Mullen, sagte, dass die USA die militärische Führung schon in den kommenden Tagen wieder abgeben werde.

Damit will die Obama-Regierung offenbar Befürchtungen in der amerikanischen Bevölkerung zerstreuen, die USA könnten nach Afghanistan und Irak unversehens in ein weiteres militärisches Abenteuer in einem muslimischen Land hineinschlittern. Laut einer Umfrage des renommierten Pew Institute sind 60 Prozent der Amerikaner der Ansicht, dass die USA keinerlei Verpflichtung hätten - und auch keine moralische -, in den Konflikt in Nordafrika einzugreifen.

Trotz des bevorstehenden Einsatzes hatte Obama eine Lateinamerika-Reise wie geplant am Freitagabend angetreten. Bisher hat er bereits zweimal in seiner Amtszeit Auslandsreisen kurzfristig aufgrund aktueller politischer Entwicklungen verschoben. Diesen Schritt vermied er diesmal, offenkundig auch, um dem neuen US-Militärengagement nicht weitere Dramatik zu verleihen.

In einer kurzen Erklärung zu den Ereignissen betonte er dann am Samstag in Brasilien: "Wir werden keine, ich wiederhole, wir werden keine US-Bodentruppen einsetzen." Bereits in seinem Ultimatum an Gaddafi am Freitag noch im Weißen Haus hatte Obama die Grenzen des US-Engagements hervorgehoben: Der Beitrag der USA werde sich darauf beschränken, "es unseren europäischen Alliierten und arabischen Partnern zu ermöglichen, effektiv eine Flugverbotszone durchzusetzen".

Gaddafi, der Tyrann

Am Wochenende fügte er hinzu, dass er sich der Risiken der Operation "zutiefst" bewusst sei. Gewalt sei gewiss nicht seine erste Wahl. "Aber wir können nicht tatenlos zusehen, wenn ein Tyrann seinem Volk sagt, dass es keine Gnade geben werde."

US-Rolle heruntergespielt

Auch der Chef des Generalstabs, Admiral Mullen, versuchte, den US-Anteil am Einsatz herunterzuspielen. "Wir führen ihn jetzt, aber wir planen diese Führungsrolle in wenigen Tagen abzugeben", sagte er am Sonntag im US-Fernsehen. Er gab zu verstehen, Ziel des Einsatzes sei nicht unbedingt die Vertreibung Gaddafis, sondern der Schutz der Zivilbevölkerung vor seinen Übergriffen.

Odyssey Dawn

Ohne das Know-how und die technische Ausrüstung der größten Militärmacht der Welt hätte die Militäraktion gegen Libyen nicht so schnell beginnen können. Geht es nach dem Willen der Amerikaner, sollen möglichst bald die Europäer die Führungsrolle übernehmen.

(Foto: dpa)

Dass Gaddafi trotzdem weiterhin an der Macht bleibe, sei "sicherlich eine Möglichkeit". Ben Rhodes, einer der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates und Berater Obamas, setzte hinzu: "Die Durchsetzung der Flugverbotszone wird im Laufe der Zeit unseren Alliierten und Partnern überlassen sein."

Noch wird der Einsatz tatsächlich im Afrika-Kommando der US-Streitkräfte in Stuttgart koordiniert. Ein Großteil der 112 Cruise Missiles der ersten Angriffswelle von Samstag auf Sonntag wurde von US-Schiffen abgefeuert, zwei Zerstörern und drei U-Booten, die im Mittelmeer kreuzen. Am Sonntag griffen US-Flugzeuge in die Kampfhandlungen ein.

Auch US-Außenministerin Hillary Clinton war erkennbar bestrebt, die Rolle der USA herunterzuspielen. "Wir haben das nicht angeführt", sagte sie nach dem Treffen mit den Regierungschefs der Alliierten in Paris. Tatsächlich hatten besonders Frankreich und Großbritannien auf ein Engagement gedrungen. Dennoch wäre der Einsatz ohne Washington nie zustande gekommen. Der Entschluss dafür war am vergangenen Dienstag im Nationalen Sicherheitsrat der USA gefallen. Obama hatte Generalstabschef Mullen befohlen, die Einsatzplanung zu beschleunigen, und UN-Botschafterin Susan Rice angewiesen, eine Resolution zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung im Sicherheitsrat durchzusetzen.

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