Krieg in der Ukraine:Vier häufige Aussagen zum MH17-Abschuss - und was an ihnen dran ist

Ermittlungen zum Abschuss von MH17

Mühsame Suche nach der Wahrheit: Ermittler durchkämmen am 16. April 2015 die Gegend nahe Donezk, wo der Flug MH17 abstürzte.

(Foto: dpa)

Um den Absturz der Malaysia-Airlines-Maschine über der Ostukraine ranken sich Spekulationen. Was steckt dahinter?

Von Ralph Hötte, Hans Leyendecker und Demian von Osten 

Aussage 1: Flug MH 17 wurde nicht von einer Buk-Flugabwehrrakete, sondern von einem ukrainischen Kampfflugzeug vom Typ Su-25 abgeschossen.

Diese These haben russische Medien früh verbreitet. Sogar der Verband der Ingenieure Russlands kam zu diesem Ergebnis. Das Problem ist nur: Seriös spricht für diese These nichts. Die Einschusslöcher der abgeschossenen Boeing 777 sähen bei dem Einsatz einer Luft-Luft-Rakete ganz anders aus. Vor allem gäbe es deutlich weniger Einschusslöcher.

Gegen die Theorie vom Abschuss durch einen Kampfjet argumentieren im Gespräch mit WDR, NDR und SZ sogar der Chefkonstrukteur des Kampfjets, Wladimir Babak, sowie Wadim Lukaschewitsch, der in der Firma gearbeitet hat, die das Flugzeug baute. Sie meinen, dass die Su-25 in einer Höhe von zehntausend Metern nicht schießen könne, ohne selbst abzustürzen.

Aussage 2: Es gibt merkwürdigerweise ganz unterschiedliche Angaben über den angeblichen Abschussort einer Boden-Luft-Rakete.

Viel spricht mittlerweile dafür, dass der mutmaßliche Abschuss von einem Feld südlich des Ortes Snizhne geschah. Ein Video zeigt, wie ein Buk-Raketenwerfer am 17. Juli 2014 auf Ketten in Richtung eines Feldes rollt. Die Aussagen von Anwohnern deuten ebenso auf diesen Abschussort wie die Rauchsäule auf einem Foto. Auf Satellitenaufnahmen erkennt man, dass ein Teil des Feldes zwischen dem 16. und 20. Juli 2014 (der Absturz war am 17. Juli 2014) entweder abgebrannt ist oder umgepflügt wurde.

Aussage 3: Der ukrainische Kampfpilot Wladyslav Woloshin - berichten russische Medien - habe die Boeing abgeschossen.

Ein angeblicher Zeuge hat ausgesagt, Woloshin sei sehr aufgewühlt gewesen: "Dieses Flugzeug war zur falschen Zeit am falschen Ort", habe Woloshin nach der Rückkehr mit der Maschine gesagt. Der Pilot bestätigt, so etwas Ähnliches habe er tatsächlich gesagt. Allerdings nicht am 17. Juli, sondern sechs Tage später. Da sei er mit zwei Kollegen gestartet und allein gelandet, weil die beiden anderen Maschinen abgeschossen worden seien. Er habe "das Flugzeug ziemlich betroffen" verlassen: "Deshalb nehme ich an, dass sie diesen 23. Juli als den 17. Juli ausgegeben haben".

Aussage 4: Zwei Teams arbeiten an der Aufarbeitung des Falles. Es ist unseriös, ihre Ergebnisse nicht abzuwarten.

Das eine Team setzt sich aus Flugunfallexperten aus Malaysia, Großbritannien, den USA, Australien, Russland, der Ukraine und den Niederlanden zusammen. Es soll in einem Bericht unter anderem Konsequenzen für die Flugsicherheit ziehen. Einen Schuldigen darf das Team nicht präsentieren.

Ein Joint Investigation Team, in dem Ermittler aus fünf Ländern arbeiten und das von dem niederländischen Staatsanwalt Fred Westerbeke geleitet wird, soll Schuldige finden. Es scheint nicht unproblematisch zu sein, dass die an der Untersuchung beteiligten Regierungen laut einem Geheimhaltungsvertrag die Veröffentlichung bestimmter Details verhindern dürfen. Die Ermittler halten intern einen Abschuss durch ein Buk-Raketensystem für das wahrscheinlichste Szenario. Per Video suchen sie neuerdings nach Augenzeugen für einen verdächtigen Raketentransport durch die Ostukraine.

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