Süddeutsche Zeitung

Krieg in der Ukraine:Steinmeier befürchtet Dauerkrise mit Russland

  • Steinmeier befürchtet, dass der Ukraine-Krieg zur Dauerkrise zwischen Deutschland und Russland führen könnte.
  • Auch eine nachträgliche Anerkennung der Krim-Abspaltung hält Steinmeier für falsch.
  • Der ukrainische Präsident Poroschenko will in einigen Jahren über den NATO-Beitritt seines Landes abstimmmen lassen. Steinmeier schließt derzeit einen Beitritt aber aus.

Steinmeier: Ukrainekrise könnte noch Jahre dauern

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hält einen Dauerstreit mit Russland wegen der Ukrainekrise für denkbar. "Es kann 14 Tage dauern, um einen Konflikt loszutreten - aber es dauert 14 Jahre, um denselben Konflikt zu lösen", sagte Steinmeier in einem Interview mit dem ZDF. Die Nachfrage, ob die derzeitige Auseinandersetzung auch 14 Jahre dauern könne, bejahte der Außenminister.

Steinmeier zufolge gilt es darauf zu achten, dass die Anfang September in Minsk zwischen den Konfliktparteien in der Ukraine geschlossene Vereinbarung über einen Waffenstillstand "nicht sehr entwertet" wird. Der Konflikt müsse durch weitere Gespräche und Verhandlungen entschärft und die Ostukraine nach und nach entmilitarisiert werden. Trotz bisheriger "Enttäuschungen" sei eine politische Lösung unumgänglich. Angesichts der russischen Haltung sei das "nicht einfach". Deshalb müsse Druck ausgeübt werden, um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen.

Poroschenko betont West-Kurs der Ukraine

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko bekräftigte in einem Interview mit den Tagesthemen indes erneut den pro-westlichen Kurs seines Landes. Die Mehrheit seiner Landsleute strebten nach Europa. "Die Ukraine kehrt in die Familie der europäischen Völker zurück", sagte Poroschenko.

Die prowestliche Führung in Kiew strebt auch einen Nato-Beitritt an. Präsident Petro Poroschenko will darüber innerhalb von etwa sechs Jahren abstimmen lassen, sobald wichtige Kriterien erfüllt sind. Die Sicherheitssysteme der Nachkriegszeit seien nicht mehr effizient, sagte er in dem ARD-Interview. Einzig die NATO könne derzeit die Sicherheit der Staaten gewährleisten.

Steinmeier lehnt Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ab

Ganz anders hingegen der Außenminister: Eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine steht für Steinmeier "nicht auf der Tagesordnung". Es sei Teil der "außenpolitischen Verantwortung" der Bundesregierung, der Öffentlichkeit zu sagen, dass nicht zusätzlich "Öl ins Feuer" gegossen werden dürfe. Mit einem NATO-Beitritt der Ukraine wäre Russland im Westen mit Ausnahme Weißrusslands und Georgiens von lauter Nato-Staaten umgeben, wobei Georgien Partnerland des Militärbündnisses ist.

Keine Anerkennung der Krim-Abspaltung

Die Eingliederung der Schwarzmeerhalbinsel Krim in die Russische Föderation nannte der SPD-Politiker erneut einen Bruch des Völkerrechts, der nicht nachträglich anerkannt werden dürfe. Damit stellte er sich gegen Äußerungen seines Parteifreunds, des ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck und Vorsitzenden des Deutsch-Russischen Forums. Dieser hatte sich für eine völkerrechtliche Regelung der Krimfrage im Nachhinein ausgesprochen.

Ukraine: Russland liefert Waffen an Separatisten im Osten

Die Ukraine wirft Russland erneut Waffenlieferungen für die Separatisten im Osten des Landes vor. Ein Konvoi aus 106 Fahrzeugen habe ohne Erlaubnis die Grenze überquert, erklärte die ukrainische Armee am Sonntag. Die Regierung in Moskau nutze humanitäre Lieferungen, um die Rebellen mit Waffen und Munition zu versorgen. Seit Mitte August sei dies der achte Konvoi aus Russland, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Ministerium für Katastrophenschutz. Die ukrainische Regierung und der Westen werfen Russland vor, die prorussischen Rebellen im Osten der Ukraine mit Soldaten und Waffen zu unterstützen. Moskau bestreitet das, unterstützt die Aufständischen aber offen auf politischer Ebene.

Kämpfe nehmen zu

Unterdessen nahmen einem Augenzeugen zufolge die Kämpfe am Flughafen der von Separatisten gehalten Stadt Donezk am Wochenende zu. Auch in der Frontstadt Mariupol seien die ukrainischen Stellungen erneut unter Beschuss der Rebellen gekommen, sagte ein Armeesprecher. Demnach kamen innerhalb von 24 Stunden drei ukrainische Soldaten und eine Zivilistin ums Leben.

Im Osten der Ukraine tobt seit Monaten ein Konflikt zwischen der Regierung in Kiew und prorussischen Separatisten. Die Gewalt hält trotz einer im September vereinbarten Waffenruhe an.

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