Krieg in der Ukraine:MH 17 wurde vom Boden aus abgeschossen

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Ein Wrackteil der Boeing 777 mit der Flugnummer MH 17 im Osten der Ukraine.

(Foto: dpa)
  • Der Abschuss der Boeing 777 mit der Flugnummer MH 17 über der Ostukraine kann nicht aus der Luft, sondern muss vom Boden aus verursacht worden sein.
  • Das sagt der russische Ingenieur Wladimir Babak im Interview mit WDR, Süddeutscher Zeitung und NDR.
  • Die vom russischen Generalstab lancierte Verdächtigung, ein ukrainisches Kampfflugzeug könnte mit dem Abschuss der Boeing zu tun haben, scheint damit endgültig widerlegt zu sein.
  • Westliche Geheimdienste gehen davon aus, dass prorussische Separatisten die Maschine unabsichtlich abgeschossen haben.

Von Hans Leyendecker und Demian von Osten

Der Abschuss der malaysischen Maschine mit der Flugnummer MH 17 über der Ostukraine am 17. Juli 2014 kann nicht aus der Luft verursacht worden sein. Das sagt der russische Chefentwickler des Kampfjets Su-25 , Wladimir Babak, in einem Interview mit WDR, Süddeutscher Zeitung und NDR.

Russische Medien hatten in den vergangenen Monaten immer wieder die These vom Abschuss der Maschine durch ein ukrainisches Kampfflugzeug vertreten. Auch das russische Verteidigungsministerium hatte behauptet, dass sich zum Zeitpunkt des Abschusses eine ukrainische Maschine vom Typ Su-25 in der Nähe der Boeing befunden habe. Bei dem Abschuss waren 298 Menschen ums Leben gekommen. Die meisten Opfer stammten aus den Niederlanden.

"Wir verstehen nicht, wie eine Su-25 die Boeing hätte abschießen können"

Der russische Flugzeugkonstrukteur des Kampfjets Su-25, Wladimir Babak sagt nun, er gehe davon aus, dass die Boeing 777 von einer Buk Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden sei - und nicht von einem Kampfjet. Die Boeing sei offenkundig in 10 050 Meter Höhe von einer Rakete getroffen worden und dann auseinandergebrochen.

Die ukrainische Su-25, die vom russischen Verteidigungsministerium ins Spiel gebracht worden war, sei aber "ein Tiefflieger. Babak sagt, er und sein Team hätten das Flugzeug "so konstruiert, dass es auf niedrigen und mittleren Höhen eingesetzt werden kann". Er sei der Chefkonstrukteur und befasse sich mit der Su-25 "schon seit 35 Jahren", das Flugzeug sei sein "Lieblingskind". Zwar könne die Maschine für "kurze Zeit " höher fliegen, aber es brauche schwere Raketen um eine Boeing zu zerstören.

Eine Su-25 könne eine Boeing möglicherweise auf einer Höhe von drei oder vier Kilometern abschießen. Doch auf einer Höhe von zehn oder elf Kilometern sei das nicht möglich, dabei stürze die Su-25 sehr wahrscheinlich ab. "Ich glaube, man hat die Su-25 ins Spiel gebracht, um Spuren zu verwischen. Anders kann ich es mir nicht erklären. Wir verstehen nicht, wie eine Su-25 die Boeing hätte abschießen können". Babak meint zudem, eine Luft-Luft-Rakete hätte die Boeing nur beschädigt, und nicht auseinanderbrechen lassen, was aber passiert war.

Die vom russischen Generalstab lancierte Verdächtigung, ein ukrainisches Kampfflugzeug könnte mit dem Abschuss der Boeing zu tun haben, scheint damit endgültig widerlegt zu sein.

Abschussort der Rakete könnte gefunden sein

Der ukrainische Kampfpilot Wladyslaw Woloschyn, der - wie im russischen Fernsehen zu sehen war - angeblich die Boeing abgeschossen hatte, bestreitet jede Tatbeteiligung. Der Pilot sagt im Interview, Äußerungen von ihm seien in russischen Medien verdreht worden. Ein angeblicher Überläufer hatte dort verdeckt berichtet, dass Woloschyn nach dem Abschuss der MH17 gesagt habe: "Das war ein schlechter Tag".

Tatsächlich habe er diesen Satz einmal gesagt, aber am 23. Juli, nachdem Separatisten Kampfjets mit zwei seiner Kollegen abgeschossen hätten. Am 17. Juli, als die MH17 abgeschossen wurde, sei er überhaupt nicht in der Luft gewesen.

Noch keine offizielle Äußerung der internationalen Untersuchungskommission

Das internationale Rechercheteam Bellingcat meint, den Abschussort der Rakete gefunden zu haben: Im Süden der Stadt Snischne, im Oblast Donezk. Anwohner bestätigten einem Team von WDR, SZ und NDR in Gesprächen dort die Anwesenheit einer Buk, und sogar das typische Abschussgeräusch.

Unklar ist immer noch, ob das Flugzeug mit einem von Russland an die Separatisten abgegebenen Buk-Raketensystem abgeschossen wurde, oder mit einer von Separatisten erbeuteten Buk, von einem ukrainischen Stützpunkt. Westliche Geheimdienste gehen inzwischen davon aus, dass Russland die Buk an die Separatisten geliefert hat. Als Konsens gilt, dass die Milizen allerdings den Abschuss der Passagiermaschine nicht beabsichtigt hatten.

Noch immer gibt es dazu keine offizielle Äußerung der internationalen Untersuchungskommission, die von der niederländischen Staatsanwaltschaft geleitet wird. In einem ersten Bericht des niederländischen Dutch Safety Boards, der im vorigen Jahr veröffentlicht wurde, waren Schuldzuweisungen vermieden worden. Der Abschlussbericht der Behörde wurde für Sommer 2015 angekündigt.

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