Süddeutsche Zeitung

Krieg in der Ukraine:Britische Experten wollen Beweise für Beschuss aus Russland gefunden haben

  • Investigative Journalisten der Plattform Bellingcat haben Satellitenbilder von Angriffen auf die ukrainische Armee vom Sommer 2014 analysiert.
  • Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Raketen von russischem Boden aus abgeschossen worden sein müssen.
  • Das Team um den Journalisten und Waffenexperten Eliot Higgins untersuchte auch Youtube-Videos, die offenbar in Russland aufgenommen wurden.

Journalisten rechnen Flugbahnen von Raketen auf russische Positionen zurück

Britische Waffenexperten und Journalisten haben Attacken auf ukrainische Soldaten vom Sommer 2014 analysiert. Ihre Ergebnisse besagen: Die Angriffe wurden von Russland aus geführt. Russland wird seit Beginn der Krise offen von Politikern, Beobachtern und großen Teilen der Medien vorgeworfen, die Separatisten in der Ostukraine mit Waffen, Munition und Logistik zu unterstützen. Daran ändern auch die jüngsten Beteuerungen des russischen Präsidenten Putin, der Ukraine-Konflikt könne nicht militärisch gelöst werden, nichts.

Der aktuelle Fund, der von den Journalisten Julian Borger und Eliot Higgins nun im britischen Guardian präsentiert wurde, deutet auf eine neue Dimension hin. Higgins veröffentlichte den Bericht auf seiner investigativen Journalisten-Plattform Bellingcat.

Das Bellingcat-Team untersuchte eine Vielzahl an Details mehrerer massiver Angriffe auf die ukrainische Armee im Sommer 2014. Dabei konzentrierten sie sich auf die Strukturen der Krater von drei Schlachtfeldern. Das Material stammt unter anderem von Satellitenbildern, die frei über Google Earth zugänglich sind und Videoaufnahmen, die in soziale Netzwerke hochgeladen wurden.

Anhand der Krater errechneten die Experten die Flugbahn der Raketen und ermittelten so die wahrscheinlichen Abschussorte. Bis auf eine einzige Ausnahme müssten nach den Untersuchungen alle Abschüsse von russischem Gebiet aus getätigt worden sein. Hinzu kommt, dass auch die Wege, die zu den möglichen Abschussstellen und von ihnen wegführen, weiter ins russische Landesinnere reichen. Laut Guardian könnte dies darauf hindeuten, dass es sich nicht um Separatisten handelte, die sich über die Grenze verirrten, sondern um russische Einheiten.

Youtube-Videos weisen auf russische Abschussstellen hin

Die Journalisten und Waffenexperten nahmen Kämpfe an drei Orten in der Ostukraine unter die Lupe. Neben Satellitenbildern dienten dem Bellingcat-Team auch Youtube-Videos zur Aufklärung. Anwohner der russischen Stadt Gukowo bei Rostow hatten sie hochgeladen. Die Filmaufnahmen zeigen ein Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystem, Rauchsäulen steigen in den Himmel.

Das Bellingcat-Team nahm geografische Merkmale, die in den Videos zu sehen sind, als Grundlage, um die Position des Filmers zu ermitteln. Demnach müsste die Abschussposition der Raketen in der Nähe von Gukowo liegen. Satellitenbilder bestätigen das offenbar: An den berechneten Stellen sind Brandflecken und Reifenspuren zu sehen.

Experte kritisiert Analysemethode mit Satellitenbildern

Der Guardian zitiert in seinem Bericht auch einen unabhängigen Militärforensiker, der darauf hinweist, dass die Genauigkeit von auf Satellitenbildern beruhenden Analysemethoden von Abschuss-Orten nicht wissenschaftlich belegt seien. Trotzdem seien die Satellitenbilder von Abschusspositionen auf russischer Seite überzeugend und verursachten Fragen, was diese dort zu suchen hätten, sagte der anonym bleibende Experte.

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