Krieg in Darfur:Verwirrung um Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten

Nach dem Dementi des Internationalen Strafgerichtshofs bleibt offen, ob es einen Haftbefehl gegen Omar al Bashir geben wird. Dieser streitet Völkermord in Darfur ab.

Das internationale Vorgehen gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al Bashir ist weiter unklar: Nach Informationen der New York Times hat sich der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zu einem Haftbefehl gegen ihn durchgerungen. Die Richter hätten beschlossen, dem Antrag von Chefankläger Luis Moreno-Ocampo Folge zu leisten und Bashir wegen der Hunderttausenden Opfer des Darfur-Konflikts auf die Anklagebank zu bringen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Diplomatenkreise in ihrer Onlineausgabe.

Krieg in Darfur: Omar al Bashir streitet Vorwürfe wegen Völkermordes vehemt ab.

Omar al Bashir streitet Vorwürfe wegen Völkermordes vehemt ab.

(Foto: Foto: AFP)

Kurz darauf dementierte der IStGH die Meldung. Noch am Montag hatte die Sprecherin des Gerichtes erklärt, die Entscheidung sei "eher in den nächsten Wochen als in den nächsten Tagen zu erwarten".

Der sudanesische UN-Botschafter Abdalmahoud Abdalhaleem hatte bereits zuvor vor Journalisten die grundsätzliche Einstellung seiner Regierung deutlich gemacht. Ein Haftbefehl habe "für uns keine Bedeutung und verdient nicht einmal die Tinte, mit der er ausgefüllt ist." Der Vorgang sei "eine Beleidigung" für sein Land.

Entschließt sich das Gericht doch noch zu dem Schritt, wäre es das erste Mal, dass das Gericht für die Verhaftung eines amtierenden Staatschefs sorgen will. Internationale Ermittler setzen sich seit Monaten dafür ein - Moreno-Campo hatte erstmals im Juli 2008 einen Haftbefehl wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen beantragt.

Im Weltsicherheitsrat hatte dies jedoch für heftigen Widerstand seitens afrikanischer und arabischer Staaten geführt. Der Schritt könne die Positionen der sudanesischer Regierung noch weiter verhärten, so ihre Befürchtung. Andere Beobachter, auch bei den Vereinten Nationen, fürchten Vergeltungschläge gegen Zivilisten oder internationale Helfer vor Ort. Sowohl die UN-Mission im Süden des Landes (UNMIS) als auch die gemeinsame Truppe von UN und Afrikanischer Union (AU) - Unamid - könnten nach ihrer Einschätzung dann in Gefahr geraten.

Bashir leugnet - und drohte der internationalen Gemeinschaft mit Krieg

Die Anschuldigungen gegen Bashir könnten kaum gravierender sein. Chefankläger Moreno-Ocampo bezichtigt ihn, den "ganzen Staat" mobilisiert zu haben, "um die zweieinhalb Millionen Menschen in den Flüchtlingslagern physisch zu vernichten". Nach UN-Schätzungen sind im Darfur-Konflikt zwischen der mehrheitlich schwarzafrikanischen Bevölkerung und arabischen Reitermilizen, die von der Regierung in Khartum unterstützt werden, rund 300.000 Menschen ums Leben gekommen.

Bashir selbst hatte der internationalen Gemeinschaft im vergangenen August wegen der Völkermordvorwürfe gegen ihn sogar mit Krieg gedroht. Entsprechend äußerte er sich am Rande des Türkei-Afrika-Gipfels in Istanbul. Zuvor hatte er bereits auf einer Pressekonferenz den Vorwurf zurückgewiesen, seine Regierung lasse in der westlichen Region Darfur Völkermord zu.

"Völkermord wie vom Internationalen Gerichtshof behauptet gibt es nicht", sagte der Präsident vor Journalisten. "Wenn diese (Zahlen) zuträfen, müsste es Massengräber geben", so Bashir damals: "Wo sind diese Massengräber?" Später hatte er hinzugefügt: "Wir sind zum Krieg mit der großen Macht bereit, um die sudanesischen Bürger zu schützen." Er kündigte auch an, den Abzug der internationalen Friedenstruppen zu verlangen, wenn der Haftbefehl gegen ihn erlassen werden sollte.

Widersprüchliche Meldungen über Waffenstillstandserklärung

Während das weitere Vorgehen gegen den Präsidenten nach dem Dementi des IStGH offen bleibt, gibt es auch über die aktuellen diplomatischen Fortschritte in Darfur widersprüchliche Meldungen. Nach Angaben eines internationalen Vermittlers stehen die stärkste Rebellengruppe und die Regierung in Khartum kurz vor dem Abschluss einer Waffenstillstandserklärung. Dies sei das Ergebnis der Gespräche der Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit (JEM) und der Regierungsunterhändler, erklärte der gemeinsame Vermittler von UN und AU, Dschibril Bassole, am Mittwoch in Doha.

Vertreter von Rebellen und Regierung äußerten sich indes weniger optimistisch. JEM-Sprecher Ahmed Hussein sagte, die Regierungstruppen in Darfur rückten weiter in Richtung der Rebellenstellungen vor. Daher könne es Khartum mit dem Frieden nicht ernst meinen. Kulturminister Amin Hassan Omar erklärte wiederum, so lange es keinen Waffenstillstand gebe, werde es auch keinen Befehl an die Truppen geben, die Kämpfe einzustellen. Die Gespräche in der Hauptstadt von Katar bezeichnete Omar als "vorbereitend - nicht mehr, nicht weniger".

Die Kämpfe begannen 2003, als Rebellen afrikanischer Stämme zu den Waffen griffen. Sie werfen der arabisch-islamischen Regierung in Khartum Diskriminierung und Unterdrückung vor. Bisherige Bemühungen um ein Ende der Gewalt sind ergebnislos geblieben, bislang wurden etwa 2,5 Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Ein Friedensabkommen von 2006, das nur von einer Rebellengruppe unterzeichnet wurde, scheiterte bereits im darauffolgenden Jahr.

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