Krieg im Kaukasus:Gorbatschow attackiert USA

Der sowjetische Ex-Präsident und Friedensnobelpreisträger Gorbatschow schaltet sich in den Kaukasus-Konflikt ein: Er bezeichnet die USA als "heuchlerisch". Russland habe "legitime Interessen" in der Krisenregion. US-Präsident Bush verurteilt Moskaus Vorgehen dagegen als "brutal".

Der ehemalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow hat den USA im bewaffneten Konflikt zwischen Georgien und Russland "grobe Fehler" vorgeworfen. Moskau Aggressionen gegen Tiflis vorzuwerfen, sei "schwach und haltlos, nicht einfach nur heuchlerisch, sondern unmenschlich", schrieb Gorbatschow in einem am Dienstag veröffentlichten Beitrag für die Washington Post.

Krieg im Kaukasus: Michail Gorbatschow wirft den USA im Kaukasus-Konflikt schwere Fehler vor.

Michail Gorbatschow wirft den USA im Kaukasus-Konflikt schwere Fehler vor.

(Foto: Foto: ddp)

"Indem die USA den Kaukasus, der Tausende Kilometer vom amerikanischen Kontinent entfernt liegt, zu einem Teil ihrer Interessen-Sphäre erklärt haben, haben sie einen groben Fehler gemacht." Russland versuche nicht, sich territorial auszuweiten, sondern habe in der Region "legitime Interessen".

Gorbatschow warf Georgiens Präsident Michail Saakaschwili vor, "unklug" gehandelt zu haben, als dieser am vergangenen Donnerstag seine Truppen mit einer Militäroffensive in der abtrünnigen Provinz Südossetien beauftragt habe. "Die georgischen Führer konnten dies nur mit dem Gefühl machen, von einer viel größeren Macht unterstützt und ermutigt zu werden", schrieb der Friedensnobelpreisträger mit Blick auf die USA.

Er erinnerte daran, dass die georgischen Streitkräfte "von Hunderten amerikanischen Ausbildern" trainiert worden seien. "Gepaart mit dem Versprechen eines Nato-Beitritts hat dies die georgischen Führer glauben lassen, dass sie einen schnellen Krieg in Südossetien führen könnten."

Eine politische Lösung des Konflikts sei "immer noch möglich", schrieb Gorbatschow weiter. Die Feindseligkeiten müssten so schnell wie möglich gestoppt werden, damit den Opfern geholfen werden könne.

Auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow betonte bei einem Treffen mit dem finnischen Außenminister Alexander Stubb, die russische Armee sei nur in das von Georgien abtrünnige Gebiet Südossetien vorgerückt, um den Gewaltausbruch in der Region zu beenden und neue Aggressionen zu verhindern. Lawrow dementierte, dass Moskau einen Eroberungskrieg gegen Georgien führen wolle.

US-Präsident Bush: "Dramatische und brutale Eskalation"

In scharfen Worten hatte US-Präsident George W. Bush zuvor die russische Führung kritisiert. Er warnte Russland davor, dass eine "dramatische und brutale Eskalation" des gegenwärtigen Konflikts die Beziehungen zum Westen gefährden könne. Russland sei in einen "souveränen Nachbarstaat einmarschiert und bedroht eine demokratisch gewählte Regierung", sagte der US-Präsident nach einer Krisensitzung mit dem Nationalen Sicherheitsrat in Washington.

Eine solche Militäroffensive sei im 21. Jahrhundert völlig inakzeptabel. Russlands "Aktionen" würden "ernsthafte Zweifel über seine Intentionen in Georgien und der Region aufwerfen", sagte Bush weiter.

Es scheine, dass Moskau den Sturz der demokratisch gewählten Regierung in Tiflis betreibe. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin versicherte, dies sei nicht das Ziel Russlands.

Rache als Motiv

Schwedens Außenminister Carl Bildt hat die Lage in Georgien als "ernst" eingestuft. Der am Vorabend in der georgischen Hauptstadt Tiflis gelandete Minister sagte im Stockholmer Rundfunksender SR, Russland habe mit "Bodentruppen und ziemlich ausgedehnten Luftschlägen die georgischen Militäranlagen einschließlich Radarstationen, Kommunikation und Armeelager komplett zerstört". Durch die Angriffe seien auch "massive wirtschaftliche Schäden" für Georgien entstanden.

Bildt war als amtierender Vorsitzender des Ministerkomitees im Europarat zusammen mit dessen Generalsekretär Terry Davis nach Tiflis gereist. Er sagte, vor allem der Moskauer Regierungschef Wladimir Putin habe mehrfach von "Rache" als Motiv gegenüber einem kleinen Land gesprochen, das seinen eigenen Weg suche.

Auf seiner persönlichen Internetseite (www.carlbildt.wordpress.com) schrieb Bildt: "Das Ziel der Russen scheint jetzt darin zu bestehen, Georgien militärisch und wirtschaftliche so stark zu schaden, dass dessen politische Widerstandskraft substanziell geschwächt wird."

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