Krieg im Irak:Maliki sucht Hilfe in der Wüste

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Im Kampf gegen al-Qaida buhlt der irakische Premier Maliki um die Clanführer im Westen des Landes. Derweil umstellen Regierungstruppen das von Extremisten besetzte Falludscha.

Von Rudolph Chimelli

Sunnitische Rebellen in den Straßen Falludschas. (Foto: REUTERS)

Die von Rebellen des "Islamischen Staates im Irak und an der Levante" (Isil) besetzte westirakische Stadt Falludscha ist von Regierungstruppen umschlossen. Die zunächst von Bagdad angekündigte Offensive zu ihrer Wiedereroberung hatte jedoch am Dienstag noch nicht begonnen. Stattdessen forderte Premierminister Nuri al-Maliki die Einwohner auf, die radikalen Islamisten zu vertreiben, um sich selber das Risiko von Kämpfen zu ersparen.

Falludscha liegt am Euphrat, nur etwa 70 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Die Isil besteht aus al-Qaida nahestehenden sunnitischen Extremisten sowohl aus dem Irak als auch aus dem benachbarten Syrien, welche die beiden von Schiiten geführten Regime stürzen wollen. Bei den Kämpfen dürften bisher mehr als hundert Menschen ums Leben gekommen sein.

Malikis Appell hört sich unrealistisch an, denn ein großer Teil der Einwohner ist geflohen. Die Straßen sind menschenleer. Neben der Hoffnung auf Zeitgewinn scheint hinter Malikis Aufruf jedoch die Strategie zu stehen, die Stämme in der westlichen Wüste des Irak als Kampfgenossen gegen al-Qaida zu gewinnen.

Die Stämme sind Sunniten und damit unzufrieden, dass Bagdad ihnen nicht den Anteil an der Staatsgewalt gibt, den sie beanspruchen. Aber sie sind auch nicht durchgehend radikale Islamisten und ließen sich von der damaligen Besatzungsmacht USA vor Jahren schon einmal durch Hilfszahlungen und Waffenlieferungen dazu anwerben, die Qaida-Kämpfer aus Mesopotamien zu vertreiben. Waffen und Geld können nicht nur die Amerikaner den Stämmen bieten, sondern auch Bagdad.

Die USA liefern Bagdad Raketen

Vertreter der USA haben ihre Kontakte zur Organisation der "Söhne des Irak" in den vergangenen Tagen wieder aufgenommen. Die Gegenleistung des irakischen Regimes würde darin bestehen, dass die Armee die sunnitische Provinz Anbar nicht wieder besetzt, was als eine Art De-facto-Autonomie interpretiert werden könnte. Der kurdische Norden des Irak besitzt eine formelle Autonomie. Ernst zu nehmende Berichte sprechen von vertraulichen Verhandlungen in diese Richtung. Schon 2011 hatten die Regierungstruppen Falludscha geräumt.

Die Amerikaner beschleunigen ihrerseits die Rüstungslieferungen an Bagdad, an vorderer Stelle Raketen und Aufklärungsdrohnen, um dem Vorstoß der Qaida die Spitze zu nehmen. Die Entsendung von Truppen schließt Washington dagegen ausdrücklich aus. Auch Iran hat angeboten, Material zu liefern.

Die al-Qaida nahestehenden Kräfte, die nach Falludscha und ins benachbarte Ramadi vorstießen, stehen nicht unter einheitlichem Kommando. Zum Teil gehören sie Gruppen an, die den Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad oder Malikis wollen, zum Teil sind sie Dschihadisten mit dem übernationalen Ziel, ein neues Kalifat für die gesamte islamische Welt zu errichten.

Auf allen Seiten gibt es Hintergedanken. Die syrischen Rebellen wollen sich im Hinblick auf die Friedensgespräche positionieren, die Ende des Monats in der Schweiz beginnen sollen. Maliki hat die Parlamentswahlen im April vor Augen. Die Al-Qaida-Führung, die im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet vermutet wird, hat nichts dagegen, wenn Aktivisten sich auf sie berufen. Aber die Führungsmitglieder sind Gurus, keine Generäle. Eine Befehlsstruktur besteht nicht. Über die Stärke der Rebellen in Falludscha und Ramadi bestehen unklare Vorstellungen. Irakische Offiziere sprechen von "weniger als tausend".

© SZ vom 08.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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