Krieg im Gaza-Streifen:Israel bombardiert Regierungsgebäude

Israel hat in der Nacht eine neue Angriffsserie auf den Gaza-Streifen geflogen. Dabei soll das palästinensische Außenministerium völlig zerstört worden sein. Ein baldiges Ende der Bombardements schloss Israels Innenminister aus: "Es gibt keinen Raum für Waffenruhe." Ziel sei, den Willen der Hamas zu brechen.

Israel hat seine Luftangriffe im Gaza-Streifen auch in der Nacht zum Dienstag fortgesetzt. In Gaza wurden mindestens 16 Bomben auf Regierungsgebäude und Einrichtungen der Sicherheitskräfte abgeworfen, wie Augenzeugen berichteten.

Krieg im Gaza-Streifen: Totale Verwüstung: Ein Mann blickt auf zerstörte Hamas-Gebäude in Gaza-Stadt.

Totale Verwüstung: Ein Mann blickt auf zerstörte Hamas-Gebäude in Gaza-Stadt.

(Foto: Foto: Reuters)

Das Außenministerium soll völlig zerstört worden sein. Auch das Verteidigungs- und das Finanzministerium sowie der Sitz des Regierungschefs wurden angegriffen. Palästinensischen Rettungskräften zufolge wurden zehn Menschen getötet und etwa 40 Menschen verletzt.

Nach palästinensischen Angaben betrug die Zahl der seit Beginn der Luftschläge am Samstag getöteten Menschen mindestens 360. Unter den Todesopfern sind den Vereinten Nationen zufolge 62 Zivilisten. Etwa 1400 Menschen erlitten Verletzungen.

Bei Raketenangriffen militanter Palästinenser wurden Israelis getötet und verletzt. Die Geschosse trafen die Stadt Aschdod, die Gemeinde Nahal Os in der Wüste Negev und die Stadt Aschkelon. Nach Militärangaben war unter den Getöteten auch ein Soldat. Damit stieg die Zahl der israelischen Toten seit Beginn der Operation "Gegossenes Blei" auf vier. Fünf weitere Soldaten wurden zum Teil schwer verletzt.

Israel hat eine Waffenruhe mit der Hamas abgelehnt, solange die Gefahr von Raketenangriffen aus dem Gazastreifen nicht gebannt ist. "Es gibt keinen Raum für eine Waffenruhe", sagte Innenminister Meir Schitrit am vierten Tag der israelischen Luftangriffe im Hörfunk.

Die Regierung sei entschlossen, den Raketenbeschuss im Süden des Landes zu stoppen. Daher dürfe die Armee ihren Einsatz nicht beenden, bevor der Wille der radikal-islamischen Hamas zur Fortsetzung der Raketenangriffe gebrochen sei. "Dies ist das Ziel und es muss erreicht werden", sagte Schitrit am Dienstag. Vizeverteidigungsminister Matan Vilnai sagte, die Armee sei darauf vorbereitet, notfalls mehrere Wochen zu kämpfen.

Auch zu See kam es zu Angriffen israelischer Streitkräfte. Ein israelisches Patrouillen-Schiff hat ein Boot palästinensischer Aktivisten gerammt. Das Schiff mit medizinischen Hilfsgütern versuchte, die Blockade zum Gazastreifen zu durchbrechen, wie das israelische Militärradio berichtete. Das Schiff "Dignity" wurde demnach angewiesen umzudrehen - dabei wurden auch Warnschüsse abgegeben. Der Kapitän des 20 Meter langen Boots versuchte dennoch, an dem israelischen Schiff vorbei zu manövrieren. Bei dem Zusammenstoß wurde laut Militärradio niemand verletzt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte einen sofortigen Waffenstillstand gefordert und die internationale Gemeinschaft zu entschiedenem Handeln aufgerufen, um den Konflikt zwischen Israel und der Hamas zu beenden.

UN-Botschafterin: Hamas soll vernichtet werden

Er erklärte in New York, sowohl Israel als auch die Palästinenser müssten alle Gewalt stoppen und den Tod von Zivilpersonen verhindern. Der UN-Generalsekretär kritisierte erneut einen "übermäßigen Einsatz von Gewalt" durch die israelischen Streitkräfte und betonte, beide Seiten müssten die Gewalt beenden.

Die Regierung in Jerusalem habe ihm zugesichert, dass Hilfsgüter und Helfer in den Gaza-Streifen gelassen würden. Ein Ende der Angriffe sei aber nicht versprochen worden, sagte Ban. Die Regierungen im Nahen Osten und die internationale Gemeinschaft müssten mehr tun, um den Konflikt beizulegen, forderte Ban weiter. Die bisherigen Bemühungen seien nicht ausreichend gewesen.

Er appellierte an die arabischen Außenminister, die am Mittwoch zu einer Dringlichkeitssitzung in Kairo zusammentreffen, "schnell und entschieden zu handeln, um diese ausweglose Situation zu einem raschen Ende zu bringen". Die EU-Außenminister treffen wegen der Krise im Nahen Osten an diesem Dienstag in Paris zu einer Sondersitzung zusammen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) telefonierte mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Dabei waren sich beide nach Angaben des Auswärtigen Amtes einig, dass die gegenwärtigen Ereignisse nicht nur für die Menschen in Gaza eine Katastrophe seien, "sondern ein erhebliches Destabilisierungspotenzial für die gesamte Region hätten". Die Lage dürfe auf keinen Fall weiter eskalieren.

Nach Angaben der israelischen Botschafterin bei den Vereinten Nationen will die Regierung in Jerusalem die Angriffe im Gaza-Streifen so lange fortsetzen, bis die Hamas vollständig vernichtet ist. Die Offensive werde andauern, bis dieses Ziel erreicht sei, sagte Gabriela Schalew am Montag in New York.

Die Regierung in Jerusalem sei angesichts der internationalen Kritik an den Angriffen zwar besorgt, "aber zuallererst haben wir das Recht, uns zu verteidigen", sagte die UN-Botschafterin. "Das kommt noch vor dem Verständnis der internationalen Gemeinschaft, das wir hoffentlich bekommen."

Der Tod von Zivilisten sei bedauerlich, für das Blutvergießen sei aber die Hamas verantwortlich, erklärte Schalew. Die radikalislamische Organisation benutze Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde. "Schuld ist nur die Hamas", sagte die Botschafterin.

Eine Wiederaufnahme des in den vergangenen Monaten gültigen, aber brüchigen Waffenstillstands komme für Israel nicht infrage. Die Hamas müsse sich verpflichten, "keine Raketen mehr abzufeuern und nicht mehr auf israelische Bürger zu schießen".

Israel will mit dem Einsatz den ständigen Raketenbeschuss israelischer Grenzorte unterbinden. Im israelischen Grenzgebiet zum Gaza-Streifen sollten wegen der Kämpfe am Dienstag die Schulen und Kindergärten geschlossen bleiben. Die Einwohner der Grenzorte wurden aufgerufen, nur dann zur Arbeit zu gehen, wenn dort Schutzräume verfügbar sind.

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