Krieg im Gaza-Streifen:Dutzende Tote bei Angriffen auf UN-Schulen

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Im Gaza-Streifen sind zwei UN-Schulen, in denen Hunderte Flüchtlinge Schutz gesucht hatten, von israelischen Geschossen getroffen worden. Dabei sind nach palästinensischen Angaben mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen.

Beim bislang tödlichsten Angriff seit Beginn der elftägigen Militäroffensive Israels im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben mindestens 40 Menschen getötet worden.

Diese Palästinenser haben Zuflucht in einer Schule des UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge in Schati bei Gaza gesucht. Die Schule wurde am Dienstag von israelischen Geschossen getroffen. (Foto: Foto: AP)

Wie die Gesundheitsbehörde in Gaza am Dienstag weiter mitteilte, wurden Dutzende weitere Menschen verletzt. Nach Augenzeugenberichten handelte es sich um einen Luftangriff auf die zum UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) gehörende Schule im Flüchtlingslager von Dschabalija im nördlichen Gazastreifen. Nach Angaben von Ärzten handelte es sich bei den Geschossen dagegen um israelische Panzergranaten.

Der israelische Angriff ereignete sich den Berichten zufolge, nachdem militante Palästinenser aus einem angrenzenden Gebiet zur Schule mit Mörsergranaten auf israelische Truppen geschossen hatten.

Bereits am Montagabend war eine UNRWA-Schule im Flüchtlingslager Schati in der Nähe von Gaza von israelischen Bomben getroffen worden. Dabei kamen drei Männer ums Leben. Sie hatten zum Zeitpunkt des Luftangriffs gerade den Waschraum der Schule verlassen, wie UN-Mitarbeiter Adnan Abu Hasna mitteilte.

In beiden Schulen hielten sich mehrere hundert Palästinenser auf, die dort Zuflucht gesucht hatten.

UN-Vertreter im Gazastreifen erklärten, sie hätten den israelischen Streitkräften die geografischen Koordinaten ihrer Gebäude im Gazastreifen übermittelt, um zu verhindern, dass sie angegriffen würden. Der Leiter der UN-Vertretung in Gaza, John Ging, sagte jedoch nach dem Luftangriff: "Niemand ist sicher im Gazastreifen. Alle hier sind terrorisiert und traumatisiert."

Er warf der internationalen Gemeinschaft vor, nichts gegen die Eskalation der Gewalt zu unternehmen und sagte in einem Krankenhaus in Gaza: "Ich appelliere an die politischen Führer hier und in der Region und in der Welt, zusammenzuwirken und das zu stoppen. Sie sind verantwortlich für diese Todesfälle."

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde ist die Zahl der palästinensischen Todesopfer seit Beginn der Offensive am 27. Dezember auf über 600 gestiegen. Weitere 2600 Menschen seien verletzt worden.

Am vierten Tag der Bodenoffensive häuften sich die Hinweise auf zunehmende Straßenkämpfe, nachdem sich die israelischen Truppen zunächst auf ländliche Gebiete konzentriert hatten. In der Siedlung Schadschaijeh lieferten sich israelische Soldaten und Hamas-Kämpfer heftige Gefechte, wie aus dem israelischen Verteidigungsministerium verlautete. Augenzeugen berichteten von Panzern in der Nähe der Ortschaften Chan Junis und Dir el Balah.

Auf Seiten der israelischen Streitkräfte kamen bis Dienstag sechs Soldaten ums Leben. Vier von ihnen fielen Angriffen aus den eigenen Reihen zum Opfer, darunter allein drei am Montagabend bei der Explosion einer Panzergranate. Die Granate habe während eines Gefechts mit Hamas-Kämpfern nahe der Stadt Gaza irrtümlich die Stellung der Soldaten getroffen, erklärte ein Militärsprecher. Zwtl: Sarkozy drängt Syrien zu Vermittlerrolle Trotz der massiven Militäraktion dauerten die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf Israel weiter an.

Mindestens 15 Geschosse schlugen im Süden Israels ein. Dabei wurde in der Stadt Gadera, 40 Kilometer vom Gazastreifen entfernt, ein drei Monate alter Säugling leicht verletzt. Zu Beginn der Offensive hatten die Palästinenser noch mehrere Dutzend Raketen auf Israel abgeschossen.

Am Sitz der Vereinten Nationen in New York kamen die Botschafter mehrerer arabischer Staaten zusammen und riefen den Sicherheitsrat zur Verabschiedung einer Resolution zum Gazastreifen auf. Auch US-Außenministerin Condoleezza Rice wurde noch im Laufe des Dienstag bei den UN erwartet. Am Samstag war eine Erklärung mit der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand an Einwänden der USA gescheitert.

Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy drängte Syrien zu einer Vermittlerrolle. Nach einem Treffen mit Präsident Baschar Assad in Damaskus sagte Sarkozy, die syrische Regierung müsse helfen, die Hamas vom Weg der Vernunft und des Friedens zu überzeugen. Syrien gehört zu den wichtigsten Unterstützern der Hamas, deren politische Exil-Führung ihre Büros in Damaskus hat.

Italien stellte sich hinter die Bemühungen Sarkozys sowie der Europäischen Union um eine Waffenruhe im Gazastreifen. Das Außenministerium in Rom erklärte am Dienstag volle Unterstützung sowohl für die Vermittlungsversuche der EU-Troika als auch für die Initiative Sarkozys.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte die andauernden israelischen Angriffe als Schande. Die Geschichte werde über die israelischen Politiker Ehud Olmert, Ehud Barak und Zipi Livni richten, sagte ein sichtlich verärgerter Erdogan am Dienstag in Ankara vor der Fraktion seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP.

Er kritisierte westliche Staaten, weil sie den Militäreinsatz Israel nicht scharf verurteilten, wie es im Falle des russischen Krieges gegen Georgien geschehen sei.

Papst Benedikt XVI. forderte Israelis und Palästinenser zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Er unterstütze alle Bemühungen, beide Parteien zu Friedensgesprächen zu bewegen, sagte Benedikt vor Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom. Er verfolge die Nachrichten der bewaffneten Auseinandersetzung um den Gazastreifen mit "großer Sorge". Der Papst wiederholte seine Mahnung vom Sonntag, die Geschichte zeige, dass Krieg und Hass die Probleme der Region nicht lösen könnten.

Der Vatikan hatte für das Frühjahr eine Reise des Papstes ins Heilige Land angedeutet, aber bislang keine konkreten Pläne vorgestellt.

© dpa/AP/Reuters/bosw/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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