Vertreter der großen Religionen haben scharfe Kritik daran geübt, dass für das Treffen der G-7-Außenminister im Münsteraner Friedenssaal ein markantes Kreuz von einem Podest entfernt wurde. Außenministerin Annalena Baerbock bedauerte diese Maßnahme, sie sei eine rein organisatorische, keine politische gewesen.
"Wir haben hier zwei Tage lang daran gearbeitet, dass wir den Frieden in der Welt sichern und ich habe von dieser Entscheidung heute morgen erfahren, als ich mit dem Oberbürgermeister im Raum stand", sagte Baerbock bei der Abschlusspressekonferenz. Im Friedenssaal seien auch andere temporäre Veränderungen vorgenommen worden, so habe man Konferenztechnik installiert und Mobiliar umgestellt. Im Rahmen dessen sei es zur Abhängung des Kreuzes gekommen, dies sei aber keine bewusste und keine politische Entscheidung gewesen. "Ich bedauere das sehr", sagte Baerbock. "Das Kreuz ist Teil der Geschichte dieses Ortes. Ich hätte es gut gefunden, wenn wir es nicht weggeräumt hätten."
"Das Kreuz ist auf Bitten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes für die Zeit des Außenministertreffens entfernt worden", sagte Markus Lewe (CDU), der Oberbürgermeister von Münster. Nach Angaben der Stadt Münster baten Mitarbeiter des Außenamts um Entfernung des Kreuzes, da Menschen mit unterschiedlichen religiösen Hintergründen am G-7-Treffen teilnähmen. Auch Lewe sagte, die Außenministerin sei davon überrascht worden. "Das Kreuz gehört seit Jahrhunderten zum Friedenssaal und damit zur Geschichte und Kultur des Konferenzortes. Das christliche Kreuz ist ein Zeichen der Versöhnung", so Lewe.
"Vollkommen unverständlich"
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hatte den Schritt "vollkommen unverständlich, ja am Rande einer Groteske" genannt. Christliche Konfessionen hätten Europa im Dreißigjährigen Krieg verwüstet. "Der Glaubenskrieg wurde im Friedenssaal zu Münster unter diesem Kreuz beendet und Europa damit befriedet", so die Theologin, die auch Präses der westfälischen Landeskirche ist. Auch das Bistum Münster nannte die Maßnahme "nicht nachvollziehbar" und kündigte an, sich über das Katholische Büro in Berlin, der Kontaktstelle der katholischen Kirche zur Bundesregierung, beschweren zu wollen.
Unverständnis äußerte auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek. Mit dem Verweis auf den Westfälischen Frieden gehe auch die Beschäftigung mit dem Christentum und vor allem der Kirche und Aufklärung jener Zeit einher. "Eingedenk dessen kann die Konklusion dann nicht das Abhängen des Kreuzes sein, angeblich wegen Gefühlen anderer", so Mazyek.
Das so genannte Ratskreuz im Historischen Friedenssaal des Rathauses stammt nach Angaben der Stadt Münster aus dem Jahr 1540 und ist damit über 100 Jahre älter als der 1648 im Friedenssaal geschlossene Westfälische Friede. Bis heute werden vor dem Ratskreuz in der Regel alle neuen Mitglieder des Münsterschen Stadtrats vereidigt. Weder bei einem Besuch von Großimam Ahmad al-Tayyeb aus Kairo im Jahr 2016 noch bei einem Besuch des Dalai Lama im Jahr 2007 war das Kreuz entfernt worden.