Kreml-Kritiker zurück in Moskau:"Nawalny! Nawalny!"

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"Wir sind eine starke Volksbewegung", ruft Alexej Nawalny der jubelnden Menge zu. (Foto: dpa)

Blumen und Sprechchöre für Russlands wohl bekanntesten Oppositionspolitiker: Nach seiner überraschenden Haftentlassung kehrt Alexej Nawalny nach Moskau zurück. Unter Bravorufen kündigt der Anwalt an, seinen politischen Kampf fortzusetzen.

Wie einen Volkshelden haben Hunderte Anhänger den Kremlgegner Alexej Nawalny nach seiner vorläufigen Freilassung bei der Rückkehr nach Moskau gefeiert. Mit lautem Jubel, Sprechchören und Blumensträußen begrüßte die Menge den 37-jährigen Anwalt nach der Ankunft aus der Stadt Kirow.

Noch am Bahnhof bestätigte der bekannte Blogger in einer kurzen Ansprache, dass er am 8. September als Kandidat bei der Moskauer Bürgermeisterwahl antreten wolle. "Auf zur Wahl, wir werden gewinnen", versprach der scharfe Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin. Die Menge antwortete in Sprechchören: "Nawalny ist unser Bürgermeister! Nawalny! Nawalny!" Begleitete wurde der Familienvater von seiner Frau Julia. Er sei glücklich, dass ihnen bewusst geworden sei, dass sie gemeinsam eine "enorme Kraft" seien, sagte Nawalny. Vor ihnen lägen nun sieben Wochen harte Wahlkampfarbeit. "Wir sind eine starke Volksbewegung", rief er. "Ich hatte nicht gedacht, dass wir so stark sind." Mit ihm kam sein verurteilter Geschäftspartner Pjotr Ofizerow an, der ebenfalls bejubelt wurde.

Die Polizei sperrte den Jaroslawler Bahnhof im Zentrum der russischen Hauptstadt ab, auch Mitglieder der Anti-Terror-Einheit Omon waren im Einsatz. Zuvor soll ein anonymer Anrufer vor einer Bombe im Bahnhof gewarnt haben.

Nawalnys Freilassung kam überraschend. Am Donnerstag war er in Kirow in einem umstrittenen Prozess zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Ihm wird vorgeworfen, 2009 als Berater eine staatliche Holzfirma um 400.000 Euro betrogen zu haben. Tausende hatten landesweit gegen das Urteil protestiert, Oppositionelle kritisierten, der Prozess sei inszeniert. Die Bundesregierung sprach von einem Schauprozess, auch die USA und die Europäische Union kritisierten den Richterspruch scharf.

Die Bürgermeisterwahl findet am 8. September statt. Am Mittwoch war Nawalny als Kandidat zugelassen worden. Nach dem Urteil vom Donnerstag legte ausgerechnet die Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen Nawalnys sofortige Inhaftierung ein und argumentierte, dass er unter Auflagen in Freiheit bleiben muss, solange das Urteil nicht rechtskräftig ist. Auch hinter Nawalnys Freilassung und Teilnahme an der Bürgermeisterwahl vermuten politische Beobachter Kalkül.

Nach seiner Rückkehr nach Moskau forderte der Oppositionspolitiker auch Freiheit für politische Gefangene wie den Ex-Ölmanager Michail Chodorkowski und die Pussy-Riot-Mitglieder Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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