Kreditaffäre des Bundespräsidenten:Opposition fordert persönliche Antworten von Wulff

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"Peinlich hoch drei": Der Druck auf Bundespräsident Wulff wächst. In der Opposition mehren sich kritische Stimmen, die eine persönliche Stellungnahme zu den Vorwürfen noch vor Weihnachten einfordern. Wulff müsse endlich Antworten geben, wenn er nicht als "Salami-Präsident" in die Geschichte eingehen wolle.

Die Opposition will Bundespräsident Christian Wulff nicht ohne Stellungnahme in den Weihnachtsurlaub entlassen: SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte Wulff auf, sich persönlich zu den Vorwürfen um einen Privatkredit und Unternehmerkontakte zu äußern. "Ich gehe davon aus, dass der Bundespräsident alle offenen Fragen persönlich beantwortet", sagte Gabriel der Passauer Neuen Presse. "Dass nicht er, sondern seine Anwälte kommunizieren, halte ich für unglücklich", erklärte der SPD-Chef.

Wulff in der Kritik: Der Bundespräsident soll noch vor den Weihnachtsfeiertagen persönlich zu den Vorwürfen gegen ihn Stellung nehmen. (Foto: dapd)

"Wie der Bundespräsident mit den Vorwürfen umgeht, ist allein seine Sache", fügte Gabriel hinzu. "Niemand kann ihm da einen Ratschlag geben, schon gar nicht die Opposition. Ich fürchte allerdings, dass die Affäre dazu beiträgt, dass die Menschen immer weniger Vertrauen in Politik haben." Der Titel von Wulffs Buch wäre auch jetzt die richtige Leitlinie: Besser die Wahrheit. Niemand könne sich wünschen, dass innerhalb von zwei Jahren der zweite Bundespräsident zurücktrete. Damit würde das Vertrauen in die demokratischen Institutionen schwer beschädigt.

Ähnlich äußerten sich die Grünen: Sie beklagten ebenfalls Wulffs mangelnde Bereitschaft, sich selbst zu den Vorwürfen zu äußern. Es sei ein merkwürdiger Vorgang, wenn ein Bundespräsident die Fragen, die es in der Bevölkerung zu Recht gebe, nur noch von seinen Anwälten beantworten lasse, sagte die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, der Zeitung Die Welt. "Mehr Distanz zwischen Staatsoberhaupt und Öffentlichkeit gab es lange nicht", sagte Lemke.

Die Schreiben der Anwälte produzierten immer mehr Fragen, sagte Lemke, zum Beispiel, was ein laut seinen Anwälten seit 2004 nicht mehr aktiver Unternehmer auf Wirtschaftsdelegationsreisen des Ministerpräsidenten mache oder wer den Kredit für den Hauskauf verhandelt habe. "Wenn Christian Wulff nicht als Salami-Präsident in die Geschichte eingehen will, muss er endlich Antworten geben. Persönlich und umfassend", forderte die Grünen-Bundesgeschäftsführerin.

"Peinlich hoch drei"

Die Antikorruptionsorganisation Transparency International forderte Wulff auf, mit einer öffentlichen Erklärung reinen Tisch zu machen. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller: "Der Bundespräsident muss vor seiner Weihnachtsansprache am Sonntag alle Karten öffentlich und rückhaltlos auf den Tisch legen." Eine Ansprache zum Zusammenhalt in der Gesellschaft sei "peinlich hoch drei", solange die Vorwürfe im Raum stünden. Nach Ansicht Müllers böte eine Erklärung für Wulff die Chance, "neues Vertrauen und Respekt bei den Bürgern zu gewinnen".

Unterdessen schließt die Vorsitzende der Linkspartei, Gesine Lötzsch, eine Grundsatz-Debatte über das Amt des Bundespräsidenten nicht aus. "Ich kann mir vorstellen, dass die Diskussion über den Sinn dieses Amtes wieder aufflammen wird", sagte sie der Mitteldeutschen Zeitung. Lötzsch fügte jedoch einschränkend hinzu: "Das Grundgesetz sieht dieses Amt nun mal vor. Und es gibt bestimmte Aufgaben, die der Bundespräsident zu erfüllen hat."

Wulff steht in der Kritik, weil er 2008 als niedersächsischer Ministerpräsident von der Frau des befreundeten Unternehmers Egon Geerkens einen Kredit über 500.000 Euro für den Kauf eines Privathauses aufnahm, diesen 2010 auf eine Anfrage im Landtag aber unerwähnt ließ.

Auch die große Nähe Wulffs zu Unternehmergrößen ist umstritten. So verbrachte er als Regierungschef zwischen 2003 und 2010 sechs Urlaube bei Freunden in Spanien, Italien, Florida und auf Norderney - als deren Gast. Der mit ihm befreundete Geschäftsmann Carsten Maschmeyer hatte im niedersächsischen Landtagswahlkampf 2007/2008 eine Anzeigenkampagne für das Buch Besser die Wahrheit finanziert. Von diesen Zahlungen wusste Wulff nach Angaben seines Anwalts, Maschmeyers und des Verlags jedoch nichts.

Gegen Wulff wird es im Zusammenhang mit seinem Privatkredit und Urlaubsaufenthalten keine Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geben. Insgesamt neun Anzeigen mit dem Vorwurf der Korruption waren gegen ihn eingegangen. Die Beziehungen zu den befreundeten Unternehmern und die von ihnen gewährten Vergünstigungen ließen "das Geschehen insgesamt als plausibel und strafprozessual unverdächtig erscheinen", teilte die Staatsanwaltschaft Hannover mit. Die Behörde dürfe grundsätzlich immer nur dann Ermittlungen einleiten, wenn es Anhaltspunkte für eine Straftat gebe.

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