17 Milliarden sind eine bittere Summe, zumindest für den, der sie irgendwo auftreiben muss. Karl Lauterbach (SPD) ist gerade in dieser Lage, denn die gesetzlichen Krankenkassen haben für das kommende Jahr ebendiese 17 Milliarden Euro als erwartetes Defizit gemeldet. Um es aufzufangen, hat der Bundesgesundheitsminister also einen Gesetzesentwurf vorgelegt, den der Bundestag am Freitag erstmals beraten hat.
Dieses "Finanzstabilisierungsgesetz" soll ohne Leistungskürzungen auskommen. Das sei wichtig, gerade in Zeiten multipler Belastung sei eine Verschlechterung der Versorgung "nicht vermittelbar", sagte Lauterbach in seiner Rede vor dem Plenum. Stattdessen will er, erstens, den Bundeszuschuss von zuletzt 14,5 Milliarden Euro jährlich um zwei Milliarden anheben. Zweitens sollen die Zusatzbeiträge steigen. Lauterbach rechnet mit durchschnittlich 0,3 Prozentpunkten. Davon würden Arbeitgeber und Arbeitnehmer je die Hälfte tragen. Drittens sollen die Krankenkassen einen Solidarbeitrag von vier Milliarden Euro aus ihren Rücklagen leisten. Veränderungen soll es auch beim sogenannten Herstellerrabatt geben, den die Pharmaunternehmen bei bestimmten Medikamenten den gesetzlichen Kassen einräumen müssen - er steigt für ein Jahr von sieben auf zwölf Prozent. Außerdem fällt die zusätzliche Vergütung weg, die Ärzte erhalten, wenn sie Neupatienten behandeln. Diese Regelung war eingeführt worden, um die oft sehr langen Wartezeiten auf Termine in den Griff zu bekommen, Lauterbach hält den Bonus aber für wirkungslos.
Branchenverbände wettern bereits seit Wochen gegen seine Pläne, auch von der Opposition kam am Freitag viel Kritik. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), der als Bundesratsvertreter ans Rednerpult trat, sprach von einem "Destabilisierungsgesetz", steigende Beiträge seien kein gutes Signal. "Sie steuern auf einen Blackout der Versorgung zu." Die AfD kritisierte, es würden auch Krankenkassen "bestraft", die solide gewirtschaftet hätten. Grüne und FDP stellten sich hinter Lauterbachs Pläne. Der machte deutlich, dass der Gesetzesvorschlag nur ein Zwischenschritt sein könne. "Nach der Reform ist vor der Reform." Langfristig brauche das System der Krankenversicherung "eine wesentliche Strukturreform", sagte der Bundesgesundheitsminister.