Krankenhäuser:Rückkehr an den OP-Tisch

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will in den Krankenhäusern nur noch ein Viertel der Intensivbetten für Corona-Infizierte freihalten.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn möchte, dass wieder mehr planbare Operationen stattfinden - und stützt damit auch eine Forderung der Deutschen Krankenhausgesellschaft. (Foto: Marijan Murat/dpa)

In den Krankenhäusern sollen wieder mehr planbare Operationen stattfinden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat in einem Brief an die Gesundheitsminister der Länder vorgeschlagen, die Zahl der Eingriffe wieder schrittweise zu erhöhen und lediglich noch 25 Prozent der Intensivbetten für schwer erkrankte Covid-19-Patienten freizuhalten. Bisher hatten die Krankenhäuser möglichst die Hälfte dieser Betten bereithalten sollen.

In dem Papier mit dem Titel "Ein neuer Alltag auch für den Klinikbetrieb in Deutschland" heißt es, diese Kapazitäten würden "aktuell nicht vollständig genutzt, obwohl in der Woche nach Ostern der erste Höhepunkt des intensivmedizinischen Bedarfs in der ersten Welle der Corona-Epidemie erreicht wurde". Die Zahl der Corona-Neuinfektionen entwickle sich "aufgrund der getroffenen Maßnahmen derzeit linear". Nach fast sechs Wochen Aufschub und Absagen von Operationen könne man diese Vorsichtsmaßnahmen daher ab Mai wieder lockern. Die Krankenhäuser müssten aber auch künftig "in der Lage sein, je nach Pandemieverlauf innerhalb von 72 Stunden weitere Intensiv- und Beatmungskapazitäten zu organisieren".

Bevorzugt sollen nun Operationen bei schnell fortschreitenden Erkrankungen erfolgen und bei Patienten, die nicht zu viele Vorerkrankungen haben. Konkrete Entscheidungen darüber, wer zuerst operiert wird, sollen aber die Ärzte treffen. Den Ländern schlägt Spahn vor, ein Stufenkonzept zu entwickeln, in dem Krankenhäuser benannt werden sollen, die in Zukunft vorrangig Covid-19-Patienten behandeln.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßte am Dienstag zwar eine Rückkehr in Richtung Regelversorgung. Ihr Präsident Gerald Gaß kritisierte aber, dass Spahns Konzept vorsehe, die Versorgungsaufträge der Kliniken kurzfristig neu zu ordnen: "Man kann jetzt nicht einfach Klinikstandorte definieren, an denen Operationen konzentriert werden und andere benennen, die sich vorrangig um Covid-Patienten kümmern", sagte er. So etwas bringe die "komplette Krankenhauslandschaft in Unordnung". Der Interessensverband von knapp 1500 Kliniken in Deutschland schlägt außerdem vor, dass auch die Rehakliniken ihren regulären Betrieb wieder aufnehmen sollen. Außerdem will die Krankenhausgesellschaft, dass auch ambulante Behandlungen an Kliniken flächendeckend wieder möglich sind, vor allem für Patienten der psychiatrischen und psychosomatischen Institutsambulanzen, der Hochschulambulanzen sowie Patienten mit ambulanten Operationen und ambulanten onkologischen Therapien.

Auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, sagte, die Kapazitäten in den Krankenhäusern seien nach wie vor groß. Es seien keine Engpässe bei Intensivbetten absehbar. In der Bundesregierung gibt es die Einschätzung, dass das neue Register für Intensivbetten es ermögliche, die Kapazitäten der Kliniken besser einschätzen zu können.

Wieler betonte allerdings, es sei weiterhin Vorsicht geboten: Mittlerweile stecke ein Corona-Infizierter im Schnitt wieder einen anderen Menschen an, zuletzt hatte diese Rate niedriger gelegen. Die Gesundheitsämter in Deutschland seien derzeit in der Lage, rund 1000 Neuinfektionen pro Tag zurückzuverfolgen. Dies sei letztlich der entscheidende Faktor, um die Epidemie einzudämmen.

© SZ vom 29.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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