Krankenhäuser:Mehr Pfleger oder weniger Geld

Können feste Personalvorgaben und damit verbundene Sanktionen den Notstand in Kliniken lindern? Der Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn stößt auf Wohlwollen - und Skepsis.

Von Michaela Schwinn

Sie kämpfen sich durch unterbesetzte Nachtschichten, versorgen Patienten unter enormem Zeitdruck - Pflegekräfte in deutschen Kliniken sind vielfach überlastet. Um das zu ändern, will Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Krankenhäusern künftig konkrete Vorgaben zum Pflegepersonal machen. Von 2020 an soll für jede Klinik errechnet werden, in welchem Verhältnis die Zahl der Pflegekräfte zum anfallenden Pflegeaufwand steht. Wenn Krankenhäuser dabei eine bestimmte Grenze unterschreiten, sollen sie weniger Geld bekommen. Am Mittwoch will der Gesundheitsminister den Gesetzentwurf ins Kabinett einbringen.

Aber können finanzielle Sanktionen den Pflegenotstand tatsächlich lindern? Die Meinungen zu Spahns Vorschlag fallen jedenfalls geteilt aus. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) stimmt zwar dem Ziel zu, Kliniken mit mehr Pflegekräften auszustatten, betont aber, dass diese auf dem Arbeitsmarkt derzeit schlichtweg nicht verfügbar seien. Daran würden auch gesetzliche Personalvorgaben nichts ändern. Hauptgeschäftsführer Georg Baum weist außerdem auf mögliche Gefahren des Vorhabens von Jens Spahn hin: Es könne dazu führen, dass Patienten abgewiesen werden, falls nicht genügend Pflegepersonal zur Verfügung stehe. Am Ende könnte es also zulasten der Patienten gehen, sagt Baum.

Aber genau das passiere jetzt schon, sagt Johanna Knüppel, Sprecherin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBFK). Sie hält Personaluntergrenzen in der Pflege generell für sinnvoll, diese müssten aber für jede einzelne Station und jede Schicht gelten. Ebenso wichtig seien zeitnahe Kontrollen - nicht nur pro Vierteljahr. Personalgrenzen allein reichten aber nicht, sagt sie. Das System müsse grundsätzlich verändert werden. Bis dahin müsse man es anders versuchen: Wenn der Personalmangel zu groß ist, müsse man einzelne Stationen stilllegen, um die übrigen mit mehr Pflegekräften auszustatten. Erst wenn wieder genug eingearbeitetes Personal verfügbar sei, dürfte man sie erneut für Patienten öffnen. Nur so könnte das System wieder gesund werden.

Beim Koalitionspartner findet Spahns Vorhaben Zuspruch: SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hält es für richtig, dass Kliniken sanktioniert werden können, wenn sie nicht genügend Personal zur Verfügung stellen: "Derzeit sparen die Krankenhäuser an der Pflege, sehr viele Stellen sind unbesetzt. Daher müssen sie dazu gezwungen werden, mehr Pflegekräfte einzustellen." Für ihn komme Spahns Vorstoß aber reichlich spät: "Das ist eine alte SPD-Forderung, die der Minister jetzt endlich aufgreift", sagte Lauterbach der Passauer Neuen Presse. Für die Linke hingegen gehen die Pläne des Gesundheitsministers nicht weit genug. Bernd Riexinger, Vorsitzender der Linken, fordert zusätzlich zur Personalbemessung, dass Kliniken verpflichtet werden, mindestens zehn Prozent mehr Ausbildungsplätze anzubieten.

Aber wie viel Personal brauchen Kliniken, um Patienten gut zu versorgen? Um das zu berechnen, fehlten noch konkrete Personalzahlen, sagt Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Diese hätten Krankenhäuser bisher nicht vorgelegt.

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