Klimaschutz:"Ohne Autofahren funktioniert unser ganzes System nicht"

15 09 2017 Spritpreise Günstig Tanken Die Preistafel einer Freien Tankstelle V Markt in Bad Wö

Die Anzeigetafel einer freien Tankstelle in München.

(Foto: imago)

Christian Amberger sieht sich als Unterstützer von "Fridays for Future", obwohl er zahlreiche Tankstellen betreibt. Das will er auch weiterhin tun - auf seine Weise.

Interview von Lukas Wittland

Nicht nur dem Fliegen, auch dem Autofahren stehen Fridays for Future kritisch gegenüber, weil Automotoren bei der Verbrennung von Kraftstoffen klimaschädliches CO₂ erzeugen. Aber Autofahren ginge auch anders, sagt Christian Amberger. Der 57-Jährige verdient als Geschäftsführer der Allguth GmbH, die 28 Tankstellen in Bayern betreibt, sein Geld mit dem Verkauf von Benzin und Diesel. Als Gegner der Klimabewegung sieht er sich aber nicht. Er fordert, die Entwicklung alternativer Kraftstoffe voranzutreiben.

SZ: Herr Amberger, ist es hinsichtlich des Klimawandels nicht unverantwortlich, dass Sie weiterhin Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren verkaufen?

Christian Amberger: Verbrennungsmotoren sind ja aktuell die einzige Form der Mobilität, die neben der Elektromobilität vorstellbar ist. Uns ist als Mineralölfirma klar, dass wir uns Gedanken machen müssen. Wir tun das sehr aktiv, indem wir unser Augenmerk darauf richten, wie der Kraftstoff der Zukunft aussehen wird.

Interview am Morgen

Diese Interview-Reihe widmet sich aktuellen Themen und erscheint von Montag bis Freitag spätestens um 7.30 Uhr auf SZ.de. Alle Interviews hier.

Welche Alternativen gibt es?

Synthetische Kraftstoffe, die sogenannten E-Fuels und Wasserstoff, könnten eine Möglichkeit sein, die Energiewende herbeizuführen. Es ist unser Bestreben, klimaneutrale Kraftstoffe zur Verfügung zu stellen.

Sie würden lieber synthetische Kraftstoffe als Benzin und Diesel verkaufen?

Natürlich. Genau wie die junge Generation unterstützen auch wir die Klimabewegung um Fridays for Future. Was wir tun können, um unseren Beitrag zu leisten, das werden wir natürlich tun.

Sie stehen also auf derselben Seite? Das klingt aus dem Mund eines Tankstellenbetreibers jetzt erst mal ungewöhnlich, schließlich leben Sie davon, dass Menschen Auto fahren. Fridays for Future will das einschränken.

Sie sollen und werden ja auch weiter Auto fahren. Bei den Fortbewegungsmitteln und Treibstoffen gibt es aber Veränderungsbedarf. Wir befürworten diese Initiative und werden uns nicht dagegen stemmen.

Klimaschutz: Christian Amberger ist Geschäftsführer der Allguth GmbH. Über Fridays for Future sagt er: "Wir befürworten diese Initiative und werden uns nicht dagegen stemmen."

Christian Amberger ist Geschäftsführer der Allguth GmbH. Über Fridays for Future sagt er: "Wir befürworten diese Initiative und werden uns nicht dagegen stemmen."

(Foto: Marion Vogel)

Eine Forderung von Fridays for Future ist die Emissionsteuer. Wenn sie eingeführt wird, hat das direkte Auswirkungen auf Ihr Unternehmen, weil Sprit zwangsläufig teurer wird. Bereitet Ihnen das Sorge?

Nein, das ist für uns nicht neu. Steuern auf Treibstoff gibt es schon lange. Es trifft weniger uns, sondern am meisten den Verbraucher. Für den tut es mir am meisten leid.

Wenn sich weniger Menschen das Autofahren leisten können, haben Sie auch weniger Kunden.

Menschen werden sich Mobilität nicht verbieten lassen - auch nicht durch eine Steuer. Die wird den Verbrauch nicht senken.

Sind E-Autos eine Alternative?

Elektromobilität wird sich nicht durchsetzen. Sie ist sinnvoll für kleine, leichte, Fahrzeuge, die nicht weit bewegt werden. Im Stadtverkehr ist E-Antrieb sinnvoll, nicht aber, wenn sie weitere Strecken oder ein schweres Fahrzeug haben. Der Reichweite wegen und weil sie nicht so lange an Tankstellen warten wollen, sträuben sich auch Verbraucher gegen E-Autos. Sie wollen eine bequeme Mobilität.

Das klingt, als würde sich vorerst nicht viel ändern und die Leute ohnehin weiter Benziner oder Diesel fahren, ist der Kampf von Fridays for Future also einer gegen Windmühlen?

Nein, ist er nicht. Die Bewegung ist bedeutsam und sehr fruchtbar. Weil Fridays for Future Druck ausübt, passiert etwas. Die junge Generation hat ja recht: Wir dürfen die Luft nicht mit Treibhausgasen verpesten. Und dafür gibt es Lösungen, die wir vorantreiben müssen. Das hat durch die Proteste auch die Politik verstanden.

Aber das wird noch dauern. Bis dahin wird der Autoverkehr weiter Schadstoffe in die Luft pusten.

Wir müssen schauen, dass wir schnell umstellen, egal ob es batterie-, brennstoffbetriebene oder E-Fuel-Fahrzeuge sind. Ohne Autofahren funktioniert unser ganzes System nicht. Die Menschen sollen ruhig weiter Autofahren, allerdings mit Bewusstsein. Wir werden Lösungen schaffen, aber das braucht etwas Zeit.

Halten Sie die Forderungen von Fridays for Future dann für zu naiv? Die Streikenden wollen ja jetzt Veränderungen und nicht erst später.

Sie müssen natürlich entschlossen auftreten und sagen: "Leute, wir brauchen nicht irgendwann eine Lösung, wir brauchen heute eine Lösung!" Ich denke, dass auch die Initiatoren wissen, dass wir die nicht in einer Woche haben. Aber wenn man nicht aufs Tempo drückt, passiert auch nichts auf der Welt.

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