Es kommt der Moment, da man einen Menschen fragen muss, warum er sich all das weiter antut. Und ob es nach einem Vorfall wie diesem überhaupt weiter gehen kann. Konrad Adam will über die Geschichte nicht mehr viel sagen. Es ist zu spüren, dass ihn die Post von seinem Parteifreund verletzt hat, sehr verletzt. Ein überzeugt altmodischer Mann wie er findet, dass sich so etwas nicht gehört.
"Der Herr Henkel ist ein Mensch, der in einer anderen Umgebung groß geworden ist", sagt Adam. Eine große Hilfe scheint ihm die Erklärung nicht zu sein. Hans-Olaf Henkel hat, es war Weihnachten, an Adam in einer persönlichen Mail geschrieben, dass er "von Ehrgeiz zerfressen" sei, sich "immer lächerlicher mache". Henkel beklagte eine "Persönlichkeitsveränderung" und äußerte die Hoffnung, dass der letzte Akt in diesem Drama bald aufgeführt werde und "Sie von der Bühne treten".
Bernd Lucke will die Macht, seine Gegner wollen sie ihm nicht allein zugestehen
Adam ist einer von drei Vorsitzenden der Alternative für Deutschland (AfD), der am wenigsten bekannte wohl, aber einer der Gründungsväter. Henkel ist stellvertretender Parteivorsitzender und Europaabgeordneter. Beide sind über siebzig, hinter Adam liegt eine lange Laufbahn als Journalist im Feuilleton. Henkel war ein erfolgreicher Manager und Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie.
Wenn es in der Welt Altersmilde geben sollte, dann nicht in der AfD-Führung. Henkels Brief ist nur ein Beispiel für eine Eskalation, die mehrere Beteiligte erschüttert hat. Manche waren Jahrzehnte in anderen Parteien, und trotz aller Ränke dort stellten sie beklommen fest, dass sie so etwas dort nie erlebt hätten, in all den Jahren nicht.
"Da fuhren zwei Züge aufeinander zu", sagt Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland über die Zerreißprobe, "und wir müssen die Notbremse ziehen. Das versuchen wir nun." Wie andere auch fürchtete er in den letzten Wochen um den Bestand der AfD, nicht als einziger in der Spitze. Gerungen wurde vordergründig um die künftige Struktur der AfD-Spitze.
Bernd Lucke, der bekannteste der drei Vorsitzenden, will eine Professionalisierung der AfD. Sie soll nach seinem Willen nur noch einen Chef haben, dazu einen Generalsekretär, der dem Vorsitzenden verpflichtet ist. Bisher hat die Partei drei Sprecher, Lucke, Adam und Frauke Petry aus Sachsen. Dieses Modell koste zu viel Kraft und Zeit, klagte Lucke und drohte mit seinem Rücktritt.