Kosovo-Konflikt:Serben lehnen Nato-Kompromiss ab

Der Handelsstreit zwischen Serbien und dem Kosovo schien bereits beigelegt: Beide Seiten hatten sich nach der Vermittlung des Kfor-Kommandeurs in wichtigen Punkten geeinigt, der serbische Präsident Tadic schon zugestimmt. Doch die serbische Minderheit im Kosovo lehnte den Kompromiss überraschend ab.

Der Kompromiss in der Kosovo-Krise ist wieder gefährdet. Die seit eineinhalb Wochen schwelende Krise schien am Freitag beinahe beigelegt. DIe Regierungen in Belgrad und Pristina hatten einem Kompromiss zugestimmt, in dem beiden Seiten jeweils auf eigene Kernforderungen verzichten. Allerdings lehnte die serbische Minderheit den Kompromiss am Abend überraschend ab.

Kosovo Serbs defy NATO, leave road barricades

Kfor-Kommandeur Erhard Bühler (rechts) und der serbische Chefunterhändler Borislav Stefanovic. Der Grenzkonflikt im Kosovo war durch ein neues Importverbot für serbische Waren ausgelöst worden.

(Foto: dpa)

"Wir werden die Barrikaden nicht entfernen", sagte der Bürgermeister der Gemeinde Zvecan, Dragisa Milovic, am Freitagabend der Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug. Damit der zuvor ausgehandelte Kompromiss zwischen Albanern und Serben in Kraft treten kann, müssten die Kosovo-Serben die zahlreichen Barrikaden auf den Transitrouten beseitigen.

Zuvor hatte der serbische Chefunterhändler Borislav Stefanovic vergeblich versucht, die Serben an den Straßensperren für eine Zustimmung zum Kompromiss zu gewinnen. "Das Abkommen, das wir erzielt haben, unterstützen die serbische Regierung und Republikspräsident Tadic", argumentierte er. "Sicherlich hat das Abkommen Schwächen", aber Serbien habe seine Kernforderungen durchsetzen können, sagte Stefanovic.

Der Oberbefehlshaber der Kfor-Schutztruppe, Erhard Bühler, hatte zuvor in tagelangen Verhandlungen mit beiden Seiten den Durchbruch geschafft. Als Kernpunkt dieses Kompromisses wird die Kfor wenigstens bis Mitte September die beiden umstrittenen Grenzübergänge Jarinje und Brnjak allein kontrollieren.

Die zwei Streitparteien verzichteten außerdem jeweils auf zentrale Forderungen. Die Serben nehmen den von der Kosovo-Regierung verhängten Importstopp serbischer Waren hin. Die Regierung in Pristina verzichtet auf ihre eigenen Zöllner und Grenzpolizisten an den beiden umstrittenen Grenzübergängen.

Mit dem Abkommen sollte Zeit geschaffen werden für neue Verhandlungen. Die seit März letzten Jahres unter EU-Vermittlung laufenden Gespräche waren unterbrochen worden.

An dem Handelsstreit hatten sich die Spannungen entzündet. Am 20. Juli hatte das Kosovo ein Handelsembargo gegen Serbien verhängt und damit seinerseits auf ein seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Jahr 2008 bestehendes serbisches Importverbot für kosovarische Produkte reagiert.

In der vergangenen Woche schickte das Kosovo dann Einheiten an die beiden Grenzübergänge Jarinje und Brnjak in den mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Landes, um die Maßnahme zu überwachen. Der Unmut der serbischen Minderheit über das Importverbot entlud sich in Ausschreitungen an den Posten, bei denen ein kosovarischer Polizist starb und ein Übergang in Brand gesetzt wurde. Kosovarische Serben errichteten Straßensperren.

Pristina und Belgrad sollen weiter verhandeln

Angesichts der Eskalation übernahm die Kfor schließlich die Kontrolle über die Grenzübergänge und erklärte nach einer Einigung mit Serbien, ihre Soldaten würden bis mindestens Mitte September "Kontrolle und Oberbefehl" über die Grenzübergänge behalten. Das ist auch der Zeitpunkt, an dem Pristina und Belgrad Gespräche über Handelsstreitigkeiten und andere Konflikte wieder aufnehmen sollen. In den Verhandlungen vermittelt die EU.

Das Kosovo wies die Einigung zunächst zurück, lenkte dann aber ein. Der kosovarische Regierungschef Hashim Thaci sagte nun, die getroffene Vereinbarung stelle die "Umsetzung der Entscheidung der Regierung" eines Handelsembargos sicher. Dazu, wie lange die Kfor-Soldaten nun die Kontrolle über die Posten behalten sollten, äußerte er sich nicht.

Das Verhältnis zwischen dem Kosovo und Serbien ist äußerst angespannt, weil Belgrad die Unabhängigkeit seiner früheren Provinz nicht anerkennt und das Kosovo weiter als zu sich zugehörig betrachtet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: