Kosovo-Affäre:BND-Beamte kommen frei

Nach einem Bekennerschreiben von Paramilitärs soll ein Flugzeug aus München die drei Geheimdienstler abholen. Der Fall wird an die Vereinten Nationen übergeben.

Enver Robelli und Peter Blechschmidt

Die drei im Kosovo festgenommenen Agenten des Bundesnachrichtendienstes sollen aus Mangel an Beweisen freikommen. Das bestätigten Regierungspolitiker in Pristina der Süddeutschen Zeitung.

Kosovo-Affäre: Der festgenommene Andreas J. (links) wird dem Gericht in Pristina vorgeführt.

Der festgenommene Andreas J. (links) wird dem Gericht in Pristina vorgeführt.

(Foto: Foto: dpa)

An diesem Freitag soll gegen 17.30 Uhr eine Maschine aus München in Pristina landen, um die drei BND-Beamten abzuholen. Kurze Zeit später wird das Flugzeug nach Deutschland zurückfliegen: Ziel ist Berlin. Am Donnerstag suchten Justiz und hochrangige Politiker in Pristina einen Ausweg aus der Affäre.

Nach einer Sitzung des Richterausschusses beim Bezirksgericht hieß es, eine Lösung könnte darin bestehen, den Fall an die Justiz der Vereinten Nationen zu übergeben. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Deutschen Bundestages (PKG) forderte am Donnerstag, die drei Deutschen sofort freizulassen. Es gebe "keine Anhaltspunkte", dass sie in den Anschlag auf die Internationale Verwaltungbehörde (ICO) verwickelt seien. Erstmals wurde von deutscher Seite bestätigt, dass es sich bei den drei Männern um Mitarbeiter des BND handelt.

Drohung mit Anschlägen

In Pristina kündigte Bezirksgerichtpräsident Anton Noka eine weitere Sitzung des Richterausschusses für diesen Freitag an, bei der auch internationale Richter hinzugezogen würden. Der Ausschuss werde mit dem UN-Richter Vinod Bolello beraten, ob die UN-Justiz den Fall übernehmen könne. Es sei aber offen, wann der Richter aus Mauretanien eine Entscheidung treffe. Die Justizbeamten der seit 1999 im Kosovo operierenden UN-Mission Unmik können schwer wiegende Fälle übernehmen. Bei den drei Deutschen hat sich die Unmik bisher nicht eingemischt, was als überraschend gilt. In Pristina wird vermutet, Unmik habe den Fall bewusst ignoriert, um die unerfahrene und teilweise korrupte kosovarische Justiz bloßzustellen.

Die BND-Leute, die im Kosovo offiziell als Berater für Investoren tätig waren, sitzen seit voriger Woche in Untersuchungshaft. Sie werden des Terrorismus verdächtigt. Am Mittwochabend hatte das öffentlich-rechtliche Fernsehen RTK jedoch aus einem vertraulichen Polizeibericht zitiert, in dem es heißen soll, die Deutschen seien nicht in den Anschlag verwickelt. Die Ermittlungen hätten diesen Verdacht nicht bestätigt. Das habe auch eine Analyse der Beweisstücke in der Türkei ergeben.

Eine bislang unbekannte paramilitärische Organisation hat sich am Donnerstag zu dem Anschlag bekannt. Es handle sich um den Auftakt des bewaffneten Kampfes gegen die EU-Mission Eulex, die zu serbischen Bedingungen arbeiten solle und von den Albanern abgelehnt werde, erklärte die Gruppe, die sich "Armee der Republik Kosovo" nennt. Eulex soll den Aufbau eines funktionierenden Staates unterstützen. Der UN-Sicherheitsrat stimmte Eulex am Mittwochabend einstimmig zu.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Gremiums für die Kontrolle der Geheimdienste, Thomas Oppermann (SPD), erklärte nach der PKG-Sitzung, die nicht öffentlich war, die Regierung habe "umfassend unterrichtet". Anhaltspunkte für eine Beteiligung der drei Beamten des BND lägen nicht vor. Ihre Anwesenheit im Kosovo rechtfertigte Oppermann mit dem Schutzbedürfnis der 2500 deutschen Soldaten, die dort im Einsatz sind.

Die Gründe für ihre Verhaftung seien nicht klar, stünden aber offensichtlich in einem "politischen Kontext". Oppermann forderte die sofortige Freilassung der drei, die unter unmenschlichen Umständen rechtsstaatswidrig festgehalten würden. Er wie auch der FDP-Abgeordnete Max Stadler und der Grünen-Vertreter Hans-Christian Ströbele erklärten, dass nach dem Stand der Unterrichtung durch BND-Präsident Ernst Uhrlau und den zuständigen Abteilungsleiter im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche, die kosovarischen Behörden keine überzeugenden Beweise für einen dringenden Tatverdacht gegen die Drei vorgelegt hätten. Es sei auch kein Motiv für eine Beteiligung an dem Anschlag erkennbar, sagte Stadler. "Der Vorgang ist in weiten Teilen mysteriös."

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