Korsika:Anti-arabische Ausschreitungen erschüttern Korsika

Korsika: Trotz des Demonstrationsverbots zogen auch am Sonntag hunderte aufgebrachte Menschen mit korsischen Flaggen durch Ajaccio, die Hauptstadt der französischen Mittelmeerinsel.

Trotz des Demonstrationsverbots zogen auch am Sonntag hunderte aufgebrachte Menschen mit korsischen Flaggen durch Ajaccio, die Hauptstadt der französischen Mittelmeerinsel.

(Foto: AFP)
  • An den vergangenen vier Tagen ist es in Ajaccio, der Hauptstadt der französischen Mittelmeerinsel Korsika, zu anti-arabischen Protesten gekommen.
  • Die Demonstranten skandierten "Araber raus" und "Wir sind hier zu Hause" und verwüsteten einen muslimischen Gebetsraum.
  • An Heiligabend hatten Vermummte in dem Einwandererviertel Jardins de l'Empereur Feuer entzündet, um Polizei und Feuerwehr in einen Hinterhalt zu locken. Drei Beamte wurden verletzt.

Vier Tage lang anti-arabische Proteste

Auf der französischen Mittelmeerinsel Korsika ist es nach Angriffen auf Feuerwehrleute und Polizisten zu tagelangen anti-arabischen Protesten gekommen. Wütende Demonstranten demolierten in einem Problemviertel der Hauptstadt Ajaccio ein muslimisches Gebetshaus und beschädigten mehrere Koranausgaben. Die örtlichen Behörden verhängten ein Demonstrationsverbot. Die Polizei nahm zwei Verdächtige fest. Die Regierung in Paris verurteilte die Ausschreitungen ebenso wie den Angriff auf Polizei und Feuerwehr, der diesen vorausgegangen war.

Auslöser der anti-arabischen Unruhen war eine stundenlange Straßenschlacht an Heiligabend: Eine Gruppe Vermummter hatte in dem Einwandererviertel Jardins de l'Empereur zunächst ein Feuer gelegt, um Feuerwehr und Polizisten in einen Hinterhalt zu locken, wie die Behörden mitteilten. Beim Eintreffen der Beamten seien diese "mit Eisenstangen und Baseballschlägern" angegriffen worden, berichtete ein Feuerwehrmann. "Es hätte Tote geben können." Zwei Feuerwehrleute wurden schwer, ein Polizist leicht verletzt. Mindestens einer der jugendlichen Angreifer soll anti-korsische Parolen gerufen haben.

Als Reaktion kam es zunächst am Freitagnachmittag zu einer anti-arabischen Demonstration, an der sich etwa 600 Menschen beteiligten. Immer wieder wurden Parolen wie "Araber raus" und "Wir sind hier zu Hause" gerufen. Nach Polizeiangaben scherten etwa 300 Demonstranten aus und zogen zu der Siedlung Jardins de l'Empereur. Dort schlugen sie die Glastür zu einem Gebetssaal ein und verwüsteten den Raum. Mehrere Koranausgaben wurden angezündet. Trotz aller Appelle zur Ruhe und einem Großaufgebot an Sicherheitskräften zogen auch am Samstagabend wieder etwa hundert Demonstranten durch Ajaccio. Sie skandierten erneut ausländerfeindliche Parolen und zerschlugen die Eingangstüren eines Wohngebäudes.

"Unannehmbare Schändung eines muslimischen Gebetsorts"

Der Präfekt von Korsika, Christophe Mirmand, verhängte ein Verbot von Demonstrationen und Versammlungen, das bis zum 4. Januar gelten soll. Etwa 300 Menschen setzten sich darüber hinweg und zogen am Sonntagnachmittag erneut zum Einwandererviertel Jardins de l'Empereur. Ein großes Polizeiaufgebot stoppte schließlich den Demonstrationszug. Zwei Jugendliche wurden im Zusammenhang mit den Krawallen in Jardins de l'Empereur festgenommen. Am Angriff auf die Beamten sollen sie aber nicht beteiligt gewesen sein.

Premierminister Manuel Valls verurteilte die Unruhen der vergangenen Tage scharf. "Nach der unannehmbaren Attacke auf Feuerwehrleute nun eine unannehmbare Schändung eines muslimischen Gebetsorts", schrieb er auf Twitter. Innenminister Bernard Cazeneuve sprach von "ausländerfeindlichen und rassistischen" Ausschreitungen. Der Rektor der Großen Moschee von Paris, Dalil Boubakeur, sagte im Fernsehsender BFMTV, er sei "bestürzt und traurig". Wichtig seien jetzt "Ruhe und Gelassenheit".

Der Präfekt von Korsika zeigte sich beunruhigt wegen der Außenwirkung für die Insel, die vom Tourismus in den Sommermonaten lebt. "Ich habe mich mit einer Delegation getroffen und sie aufgerufen, diese Demonstrationen zu stoppen, die ein verheerendes Bild von Korsika vermitteln", sagte Mirmand. Die anti-arabischen Demonstranten begrüßten ihrerseits das Versprechen der Behörden, "Polizisten in allen Siedlungen einzusetzen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: