Korruptionsvorwurf gegen Wulffs Partyplaner:Manfred Schmidt, "Sozialarbeiter" der deutschen Elite

Aus dem Affären-Dickicht des Bundespräsidenten lugt immer wieder ein Mann hervor: Manfred Schmidt. Er ist der Partykönig für die politische und wirtschaftliche Elite des Landes. Jetzt ist er wegen Bestechungsverdachts ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Einer seiner engsten Geschäftspartner: Michael Mronz, der Mann von Außenminister Guido Westerwelle.

Thorsten Denkler, Berlin

Er sei ein "Sozialarbeiter auf anderem Level", hat er mal über sich selbst gesagt. Ein Menschenfischer sei er, sagen jene, die ihn gut kennen. Sie meinen es nicht despektierlich. Eher anerkennend. Gemeint ist: Manfred Schmidt, Deutschlands Partykönig für die politische und wirtschaftliche Elite des Landes.

Wo er einlädt, da kommen sie alle. Christian Wulff, Guido Westerwelle, RWE-Chef Jürgen Grossmann, Günther Oettinger, Cem Özdemir, Peer Steinbrück. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Schmidt kennt sie alle, alle kennen ihn. Partei- und branchenübergreifend. Mehr als 20.000 Kontakte soll er in seiner Datenbank haben. Wer die private Handynummer eines A-Prominenten in Deutschland sucht - Manfred Schmidt hat sie. Auch die von Bundespräsident Christian Wulff und dessen Ex-Sprecher Olaf Glaeseker.

Nach Wulffs glücklicher Wahl zum Bundespräsidenten lud Schmidt das frisch gekürte Staatsoberhaupt und seine Gefolgschaft zur Siegesfeier in seine Nobelresidenz am Pariser Platz. Mit Blick auf das Brandenburger Tor wurde auf eine große Zukunft angestoßen.

Von Maschmeyer bis Rösler

Jetzt steht Schmidt unter Bestechungsverdacht. Schmidt soll Glaeseker einen kostenlosen Urlaub in seiner spanischer Finca ermöglicht haben. Und zwar im Gegenzug dafür, dass Glaeseker sich persönlich dafür eingesetzt haben soll, Schmidts Veranstaltung "Nord-Süd-Dialog" zu einem Erfolg zu machen. Am Donnerstag hat die Staatsanwaltschaft Hannover Immobilien von Schmidt in Wunstorf bei Hannover, Berlin und der Schweiz sowie die Privaträume von Glaeseker durchsuchen lassen.

Der Nord-Süd-Dialog (Untertitel: "Zwei Länder - ein Abend") gehörte zu den Glanzlichtern in Schmidts Programm. Zuletzt am 11. Dezember 2009 im Terminal C des Flughafens Hannover. Schirmherren der Veranstaltung: Christian Wulff, damals Ministerpräsident in Niedersachen, und dessen baden-württembergischer Amtskollege Günther Oettinger, heute Energiekommissar in Brüssel. Wulff lobte das Projekt damals mit den Worten: "Der Nord-Süd-Dialog steht für gegenseitige Wertschätzung, für miteinander statt gegeneinander."

Auf der Teilnehmerliste stand das Who is Who der hannoverschen Maschsee-Connection: Wulffs Freund und AWD-Gründer Carsten Maschmeyer, Ex-Air-Berlin-Chef Joachim Hunold, mit dem Wulff durch die Upgrade-Affäre verbunden bleiben sollte. Martin Winterkorn für VW und Michael Macht für Porsche. Der heutige FDP-Chef Philipp Rösler schaute als damaliger Bundesgesundheitsminister vorbei und auch TUI-Chef Michael Frenzel war dabei.

685.000 Euro Einnahmen

Die Veranstaltung war ein lohnendes Geschäft - auch für Schmidt. Angeblich soll er von den Sponsoren 685.000 Euro eingenommen, die Sause aber nur 300.000 Euro gekostet haben.

Billiger wurde es auch deshalb, weil Olaf Glaeseker offenbar für praktische Hilfe sorgte. Er soll sich höchstpersönlich um einen Teil des Servicepersonals zur Bewirtung der knapp 900 Gäste gekümmert haben. Ein paar persönliche Anrufe bei der landeseigenen Medizinischen Hochschule Hannover (MMH) sollen gereicht haben.

Die MHH verfügt über ein hauseigenes Veranstaltungsmangement. Im Glauben, es handele sich um eine Veranstaltung des Landes Niedersachen, schickte sie nach eigenen Angaben 44 studentische Hilfskräfte, die dafür sorgten, das Politiker und Unternehmer umsorgt wurden. Ein Sprecher der MHH bestätigte der SZ einen entsprechenden Bericht der Neuen Presse.

Zur Begründung hieß es auch, in Glaeseker habe schließlich die rechte Hand des Ministerpräsidenten um Hilfe gebeten. Stutzig sei die Hochschule erst geworden, als die Staatskanzlei sich geweigert habe, die Rechnung über knapp 5000 Euro zu bezahlen und in Medienberichten Manfred Schmidt als allein Verantwortlicher genannt worden sei.

Woran der zweite "Länderdialog" scheiterte

Kurz vor Weihnachten 2011 hatte Bundespräsident Wulff seinen Sprecher Glaeseker ohne Angabe von Gründen überraschend entlassen. Es wird angenommen, dass Journalisten-Anfragen im Bundespräsidialamt zur Rolle Glaesekers bei der Organisation des Nord-Süd-Dialogs den Sprecher unter Druck gesetzt hatten. Für Wulff war Glaeseker nicht länger haltbar.

Wenn jetzt das Geschäftsgebaren von Manfred Schmidt in den Mittelpunkt rückt, könnte das auch für andere ein Grund sein, über ihre Geschäftsbeziehungen mit Schmidt nachzudenken. Etwa der Lebensgefährte von Außenminister Guido Westerwelle. Der Sporteventmanager Michael Mronz hat nach Recherchen der SZ seit 2009 engen Kontakt zu Schmidt.

Beide hatten nach dem Vorbild des Nord-Süd-Dialoges einen "Länderdialog" zwischen Bayern und Nordrhein-Westfalen ins Leben rufen wollen. Die Party sollte am 9. März 2010 im Düsseldorfer Flughafen stattfinden. Schirmherren: die Ministerpräsidenten Horst Seehofer und Jürgen Rüttgers.

Verräterische Präsentationsmappe

Alles war vorbereitet. Doch Jürgen Rüttgers, gebeutelt von diversen Sponsoring-Affären, ließ den Termin kurzfristig platzen. Wenige Wochen später wurde er abgewählt.

Westerwelles Mann Michael Mronz und Schmidt bestritten damals auf Anfrage der SZ, dass der Länderdialog ein gemeinsames Unternehmens gewesen sei. "Alleiniger Gastgeber und Veranstalter der Reihe 'Länderdialog' ist die Manfred Schmidt Media S.L.", ließ Schmidt schriftlich mitteilen. Michael Mronz erklärte über einen Sprecher seines Unternehmens, der MMP Veranstaltungs- und Vermarktungs GmbH mit Sitz in Köln: "Nein, MMP war nicht Gastgeber des 'Länderdialoges Bayern Nordrhein-Westfalen'."

Die damalige Präsentationsmappe für potentielle Sponsoren, die der SZ vorliegt, legt Gegenteiliges nahe. Dort ist auf der Seite "Fakten" unter dem Stichwort "Gastgeber" zu lesen: "Manfred Schmidt Media S.L. und Michael Mronz Promotion."

Schmidts und Mronz' gemeinsames Projekt

Branchenkenner vermuten, dass Mronz die Prominenz seines Gatten Guido Westerwelle nutzen will, um sich neben dem Sporteventmarketing ein neues Standbein zu erarbeiten. Und zwar an der Nahtstelle von Politik und Wirtschaft. Manfred Schmidt hat ihm da einige Türen geöffnet. Einige Jahre organisierten Mronz und Schmidt gemeinsam die jährliche Vodafone Night in der Berliner Edel-Unterkunft Hotel de Rome. Zuletzt, Anfang September 2011, zeichnete Mronz allein verantwortlich - Schmidt kam als Gast.

Auch hier versammeln sich gerne illustre Gäste aus Politik, Wirtschaft, Sport und Showbusiness. Eiskunstläuferin Katarina Witt trifft auf Formel-1-Star Lewis Hamilton. Vizekanzler Philipp Rösler auf Blödel-Comedian Oliver Pocher. Gerne gesehen sind Außenminister Westerwelle (der im September jedoch nicht erschien), Bundesminister Dirk Niebel, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.

Wenn jetzt Manfred Schmidt wegen Bestechungsvorwürfen in das Visier der Staatsanwaltschaft gerät, könnte die Affäre schnell größere Kreise des Politbetriebes erfassen. Vielleicht sollte sich Westerwelle von seinem Mann Mronz mal etwas genauer dessen Geschäftskontakt zu Schmidt erklären lassen. Schaden kann das sicherlich nicht.

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