Süddeutsche Zeitung

Korruptionsaffäre in der Türkei:Präsident Gül schaltet sich ein

Der türkische Präsident Gül hat infolge der Korruptionsvorwürfe gegen Premier Erdogan Ermittlungen eingeleitet. Ob der Kontrollrat die Rechtmäßigkeit der mutmaßlichen Lauschaktion gegen Erdogan untersucht oder Echtheit und Inhalt der brisanten Aufnahmen prüft, bleibt offen.

Angesichts der seit Wochen anhaltenden Korruptionsaffäre in der Türkei hat Präsident Abdullah Gül eigene Ermittlungen eingeleitet. Er beauftragte Inspektoren des sogenannten Staatskontrollrats damit, die Wirksamkeit des Kampfs gegen die Korruption zu überprüfen, wie das Präsidialamt auf seiner Internetseite erklärte.

Die Untersuchungskommission untersteht direkt dem Präsidenten und arbeitet unabhängig von anderen Behörden. Die Prüfer sollten ihr Augenmerk insbesondere auf die Baubranche richten. Außerdem sollten sie sich damit befassen, ob die Telefonmitschnitte, die in den vergangenen Tagen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan in Bedrängnis brachten, rechtmäßig gewesen seien.

In einem angeblichen Gespräch Erdogans mit seinem Sohn ging es unter anderem darum, wie Geld vor der Staatsanwaltschaft versteckt werden könne. Der Regierungschef bezeichnete den Mitschnitt als Montage. Präsident Gül, Mitbegründer der AK-Partei Erdogans, geriet zuletzt öffentlich unter Druck, sich zu den Korruptionsvorwürfen zu äußern.

Ob der von Gül nun beauftragte Kontrollrat die Rechtmäßigkeit der mutmaßlichen Lauschaktion gegen Erdogan untersucht oder Echtheit und Inhalt der brisanten Aufnahmen prüft, blieb bislang unklar.

Erdogan gegen die türkische Justiz

Die türkische Justiz hatte Mitte Dezember zahlreiche Manager und Politiker aus dem Umfeld der Regierung festnehmen lassen. Ihnen wurde die Verwicklung in einen weitverzweigten Korruptionsskandal vorgeworfen. Erdogan ließ seit Bekanntwerden der Vorwürfe mehrere tausend Polizisten, Richter und Staatsanwälte zwangsversetzen.

Zudem boxte der Regierungschef ein neues Justizgesetz durch das Parlament, das den Einfluss des Justizministeriums bei der Auswahl von Richtern und Staatsanwälten stärkt. Die Opposition sieht darin einen Eingriff in das Prinzip der Gewaltenteilung. Demonstranten fordern wegen der Korruptionsvorwürfe seit Wochen den Rücktritt der Regierung.

Erdogan selbst beschuldigt seinen Rivalen, den in den USA lebenden Geistlichen Fethullah Gülen, hinter einer gegen ihn gerichteten Kampagne zu stecken.

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rtr/AFP/joba/odg
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