Korea:Scharfe Worte an Kim

Korea: Ohne Skrupel: Nordkoreas Herrscher Kim Jong-un.

Ohne Skrupel: Nordkoreas Herrscher Kim Jong-un.

(Foto: AFP)

US-Außenminister Tillerson ist erstmals auf einer Asienreise. Er lässt sich demonstrativ an der innerkoreanischen Grenze fotografieren. Und er warnt den nordkoreanischen Diktator.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Der neue US-Außenminister Rex Tillerson hat sich am Freitag demonstrativ an der innerkoreanischen Grenze fotografieren lassen. Er stand vor den Baracken, in denen einst der Waffenstillstand verhandelt worden war, im Hintergrund sind nordkoreanische Grenzsoldaten zu sehen. Zuvor hatte Tillerson auf seiner Antrittsreise durch Nordostasien in Tokio gewarnt: "Die Politik der strategischen Geduld ist vorbei."

Er kündigte "neue politische, diplomatische und wirtschaftliche Mittel" an und sagte: "Alle Optionen sind auf dem Tisch." Manche Medien wollten dies als Androhung eines präventiven Militärschlags verstehen. Nordkorea hat seine Nachbarn mit zwei Atomtests und zahlreichen Raketentests verschreckt. Diktator Kim Jong-un behauptete, Pjöngjang verfüge über eine Langstreckenrakete, die das amerikanische Festland erreichen könnte. Wie viel davon Bluff ist, weiß niemand genau.

Offizielle Bilder früherer Raketentests hat Robert Schmucker, Professor für Raumfahrttechnik an der TU München, als Photoshop-Fiktionen entlarvt. Manche Skeptiker meinen, die USA und ihre Alliierten übertrieben die Bedrohung durch Nordkorea; sie helfe ihnen, die Stationierung von US-Truppen in Südkorea und auf Okinawa zu rechtfertigen - und auch Japans Abkehr vom Pazifismus. Premier Shinzo Abe behauptete nach dem letzten Raketentest, noch bevor die Experten sich äußerten, dies seien Raketen neuen Typs. Er verwies dabei auf Kims Propaganda. Andererseits landeten am 6. März drei nordkoreanische Raketen 200 Kilometer vor der Küste Nordwestjapans. Und der Mord an Kims Halbbruder mit dem Nervengas VX, das als Massenvernichtungswaffe von den UN verboten ist, hat gezeigt: Kim Jong-un kennt keine Skrupel.

Die Geschichte wiederholt sich doch. Vor sieben Jahren stand US-Außenministerin Hillary Clinton im Grenzdorf Panmumjon genau dort, wo Tillerson am Freitag stand. Sie kündigte damals neue Maßnahmen und schärfere Sanktionen gegen den Norden an. Die Regierung von Präsident George W. Bush sagte wie jetzt auch Tillerson, alle Optionen lägen auf dem Tisch. Vize-Präsident Dick Cheney sprach damals von einem "chirurgischen Militärschlag". Schon Bill Clinton ließ 1994 einen Militärschlag detailliert planen. Nach Schätzung des Pentagon wäre eine Million Menschen umgekommen. Später ließ Clinton mit Nordkorea verhandeln, wie George W. Bush in seiner zweiten Amtszeit ebenfalls. Obamas "strategische Geduld" dagegen war bloß ein schmuckes Etikett für Nichts-tun plus Sanktionen. Wenn Tillerson diese Politik für gescheitert erklärt, rennt er damit offene Türen ein.

Ein Präventivschlag hingegen verbietet sich: Südkoreas Hauptstadt Seoul liegt lediglich 40 Kilometer südlich der innerkoreanischen Grenze, in Reichweite der nordkoreanischen Artillerie. Jede militärische Auseinandersetzung brächte schwere Zerstörung und große Verluste über Seoul. Die südkoreanische Tageszeitung Hankyoreh bezichtigt Kommentatoren, die in Tillersons Äußerung einen möglichen Präventivschlag hineindeuteten, der unverantwortlichen Übertreibung.

Südkorea wählt im Mai einen neuen Präsidenten. Moon Jae-in, der Favorit, hat vor zehn Jahren für die damalige Regierung in Seoul mit Pjöngjang verhandelt. Er wird das Gespräch mit dem Norden wieder suchen. Die Trump-Administration wirke, als hätte sie das Nordkorea-Problem eben erst entdeckt, spottete ein Kommentartor in Seoul. Und der Hankyoreh sagte voraus: Trump werde letztlich Obamas "strategische Geduld" fortführen. Nur rede er anders darüber.

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