Korea nach dem Angriff:Angst vor der Eskalation - Obama schaltet sich ein

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Bei dem Granatenangriff Nordkoreas auf Südkorea sollen auch Zivilisten ums Leben gekommen sein. US-Präsident Obama sichert Seoul seine Unterstützung zu - und pocht gleichzeitig auf eine "maßvolle und gemeinsame" Antwort. In Gesprächen mit den Chinesen arbeiten die Amerikaner bereits daran.

Nach dem nordkoreanischen Artillerieüberfall auf Südkorea herrscht Angst vor einer Eskalation. Die maßgeblichen Akteure von China bis zu den USA mahnen zur Besonnenheit, doch die Gefahr auf der Koreanischen Halbinsel ist noch lange nicht gebannt.

Der atombetriebene Flugzeugträger USS George Washington (hier auf einem Archivbild vom 4.10.2010 in der Manila Bay) ist auf dem Weg ins Gelbe Meer, wie die amerikanischen Streitkräfte in Korea (USFK) am Mittwoch mitteilten. Ein viertägiges Manöver mit der südkoreanischen Marine vor der Westküste Südkoreas soll am Sonntag beginnen. (Foto: dpa)

Barack Obama zeigte sich "empört" über den Angriff. In einem Telefonat mit dem südkoreanischen Präsidenten Lee Myung Bak bekräftigte der US-Präsident die amerikanische Solidarität mit dem Verbündeten. Japan verurteilte das Vorgehen Nordkoreas. Man werde mit Südkorea eng kooperieren, wie der japanische Regierungschef Naoto Kan mit Lee Myung Bak in einem Telefongespräch vereinbarte.

Das Nachbarland China äußerte sich "besorgt". Bei Gesprächen in Peking einigten sich China und die USA am Mittwoch auf einen neuen Anlauf bei den multilateralen Gesprächen mit Pjöngjang. "Beide Seiten glauben, dass alle Parteien gemeinsame Anstrengungen unternehmen sollten, um die Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche zu schaffen", teilte das chinesische Außenministerium nach Konsultationen mit dem US-Sondergesandten für Nordkorea, Stephen Bosworth, in Peking mit.

Bei dem etwa einstündigen Gefecht am Dienstag feuerte Pjöngjang mehr als hundert Granaten auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong ab. Bereits am Dienstag hieß es aus Militärkreisen, zwei südkoreanische Soldaten seien getötet worden, 16 Soldaten und drei Zivilisten zum Teil schwer verletzt.

Am Mittwoch wurden nun nach südkoreanischen Angaben die Leichen von zwei Zivilsten gefunden. Bei den Toten handele es sich um Männer im Alter zwischen 60 und 70 Jahren, teilte die südkoreanische Polizei mit. Sie seien vermutlich bei dem Artilleriebeschuss ums Leben gekommen.

Südkorea hatte das Feuer erwidert und den höchsten Alarmzustand seit dem Korea-Krieg ausgerufen. Auch auf nordkoreanischer Seite könne es etliche Opfer geben, hieß es in Seoul.

Konflikt in Korea
:Ein Krieg und kein Ende

Vor 60 Jahren überfiel Nordkorea den Süden des Landes. Ein Friedensabkommen gibt es bis heute nicht - und immer wieder flammt die Gewalt neu auf.

Pjöngjang drohte "nicht zu zögern, weiter gnadenlose militärische Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sollte das südkoreanische Marionettenregime es wagen, auch nur 0,0001 Millimeter in Nordkoreas Hoheitsgewässer vorzudringen".

Ein Bild der Verwüstung: Bei dem Granatangriff wurden auf der Insel Yeonpyeong viele Häuser zerstört. Zwei Soldaten starben. (Foto: Getty Images)

Seoul kündigte bei einem neuerlichen Angriff einen "enormen Gegenschlag" an. Präsident Lee Myung Bak erklärte, "willkürliche Angriffe auf Zivilisten" würden nicht hingenommen. In Seoul hieß es weiter, der "unmenschliche" Angriff Pjöngjangs auf zivile Ziele verletze den Waffenstillstand von 1953. Nord- und Südkorea haben nach dem Koreakrieg kein Friedensabkommen geschlossen und befinden sich formal immer noch im Kriegszustand.

Trotz der kriegerischen Rhetorik aus Seoul und Pjöngjang pochen die USA auf eine "maßvolle und gemeinsame" Antwort, bei der China und die anderen Länder der Sechs-Parteien-Gespräche eingebunden sein sollen.

Durch die Zusammenarbeit mit den Partnerstaaten "wählen wir einen überlegten, langsamen Weg, um auf diese jüngste Provokation zu reagieren", sagte US-Außenamtssprecher Mark Toner in Washington. "Nordkoreas Verhalten war sehr, sehr schlecht; provokativ und kriegerisch."

Der US-Flugzeugträger USS George Washington stach unterdessen zu einer Militärübung mit Südkorea in See. Das atombetriebene Schiff mit 75 Kampfflugzeugen und einer mehr als 6000 Mann starken Besatzung habe seinen Marinestützpunkt südlich von Tokio verlassen, sagte ein US-Sprecher in Seoul. Geplant sei die Teilnahme an Übungen von Sonntag bis kommenden Mittwoch.

"Diese Übung ist defensiver Natur", teilten die US-Streitkräfte in Korea mit. Sie sei bereits vor der "grundlosen Artillerieattacke" vom Vortag geplant gewesen. "Sie beweist die Stärke der Allianz von Südkorea und den USA und unser Bekenntnis zu regionaler Stabilität durch Abschreckung", heißt es in der Mitteilung weiter.

Aus Protest gegen Nordkoreas Angriff verbrannten Demonstranten in Seoul nordkoreanische Flaggen und steckten Porträts Kim Jong Il und dessen Sohn in Brand. Vor dem Verteidigungsministerium riefen etwa 110 Demonstranten mit "Rache"-Rufen zur Vergeltung gegen den kommunistischen Norden auf.

Etwa 40 weitere Demonstranten versammelten sich in der Nähe der US-Botschaft in Seoul, um nordkoreanische Flaggen zu verbrennen. Die Polizei versuchte, die Aktion zu verhindern. "Warum stoppt Ihr uns? Es ist die Flagge unseres Feindes, die wir verbrennen", rief einer der Demonstranten.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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