Korea:Eingeladen

Kim trifft Südkoreas Präsidenten. Aber verstehen sich beide?

Von Christoph Neidhart

Wenn manche Medien im Dezember einen "Aufsteiger des Jahres" küren, wird Kim Jong-un ein heißer Kandidat sein. Bisher behandelte ihn der Boulevard als Verrückten und machte sich über seine Frisur lustig. Zurück aus Pjöngjang, zeichneten Südkoreas nationaler Sicherheitsberater und der Geheimdienstchef ein anderes Bild: Kim sei genau informiert, detailtreu, witzig, verhandlungsbereit, er habe sogar über das Bild gescherzt, das die ausländische Presse von ihm zeichne. Seine Visite in Peking scheint diesen Eindruck zu bestätigen.

Während Südkoreas Präsident Moon Jae-in der Regisseur der rasanten Entwicklung zur möglichen Entspannung auf der koreanischen Halbinsel ist, beanspruchte Kim von Anfang an die Rolle ihres Stars. Mit seinen Provokationen im Vorjahr hat er die Bühne für ein großes Drama bereitet. Die übrige Welt konnte immer nur reagieren. Im Januar überraschte er sie mit seiner Wende. Auch jetzt gibt er das Tempo vor, mit dem er, ein bislang völlig isolierter Diktator, sich mit den Präsidenten Chinas, Südkoreas und der USA zusammensetzt.

Das große Drama ist für Nordkoreas Propaganda wichtig, für die Stabilität seines Regimes im Innern. Weder der Vater noch der Großvater von Kim haben je eine ähnliche internationale Statur erreicht. Doch jetzt muss sich beim innerkoreanischen Gipfel zeigen, ob sich der Regisseur und der Star dieses Prozesses verstehen. Andernfalls droht Kim der "Absturz des Jahres".

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