Korea:Auf neuer Wellenlänge

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Nord- und Südkorea nähern sich in kleinen Schritten an - doch es gibt noch viele Hindernisse. US-Agenten etwa behaupten, Pjöngjang führe die Amerikaner in die Irre und sei keineswegs daran interessiert, sein Atomarsenal abzubauen.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Marineeinheiten der beiden koreanischen Staaten haben am Sonntag eine gemeinsame Frequenz für den Schiffsfunk wieder in Betrieb genommen. Sie kommunizierten auch mit Signalflaggen. Das ist umso wichtiger für den Frieden, als die Seegrenze im Gelben Meer, dem Westmeer, wie die Koreaner sagen, umstritten ist. Sie wurde von den USA einseitig festgelegt, Pjöngjang hat sie nie anerkannt. Ebenfalls am Sonntag hat Südkoreas Regierung angekündigt, sie setze die Erneuerung von 90 bis 100 militärischen Einrichtungen am Rande der demilitarisierten Zone (DMZ) aus, des vier Kilometer breiten Grenzstreifens, der Süd und Nord trennt. Seoul wollte neue Unterkünfte bauen und Artillerie-Stellungen verbessern. Südkoreas Medien zitierten Beamte mit den Worten, auf diese Weise setze Seoul den Geist des innerkoreanischen Gipfels um.

Allerdings tauchten in der US-amerikanischen Presse auch Meldungen auf, Nordkorea baue sein Atomarsenal keineswegs ab. Es beschleunige die Produktion von waffenfähigem Uran sogar. Auch habe das Regime in Pjöngjang neben der bekannten Aufbereitungsanlage Yongbyon mehrere geheime Atom-Standorte. "Es gibt absolut eindeutige Beweise, dass sie versuchen, die USA zu täuschen", zitierte der Sender NBC einen namentlich nicht genannten Regierungsvertreter. Offiziell hat Washington dazu keine Stellung bezogen. Die Vorwürfe könnten den fragilen Friedensprozess zum Platzen bringen.

US-Außenminister Pompeo wird in der zweiten Juli-Woche in Pjöngjang erwartet

Die USA und Nordkorea überlegen derweil, wie sie die sehr allgemein gehaltene Erklärung von Singapur konkretisieren können. US-Außenminister Mike Pompeo wird dazu in der zweiten Juli-Woche in Pjöngjang erwartet. Süd- und Nordkorea reden bereits über Details einer künftigen Annäherung. Sie greifen dazu, wie im Fall der Marine-Kommunikation, auf Vereinbarungen der sogenannten Sonnenscheinpolitik zurück, des innerkoreanischen Tauwetters im vergangenen Jahrzehnt.

Vorige Woche einigten sie sich die beiden Regierungen, eine Bahn- und zwei Straßenverbindungen zu öffnen. Auch dies hatten sie im vergangenen Jahrzehnt schon einmal beschlossen. Die Grenze zwischen Nord- und Südkorea war seit der Unterzeichnung des Waffenstillstands im Juli 1953 dicht. Im Zuge der Sonnenschein-Politik wurden zwei Straßenübergänge eröffnet, einer unweit von Seoul und einer an der Ostküste. Allerdings waren sie seit einigen Jahren wieder verrammelt. Seoul wird Pjöngjang helfen, entlang seiner beiden Küsten je eine Straße nach Norden auszubauen.

Auch von der reaktivierten Idee einer Bahnverbindung nach Nordkorea und weiter zur Transsibirischen Eisenbahn war schon im vorigen Jahrzehnt die Rede. Sie soll Südkoreas Exportkosten nach Europa massiv verringern. Auch Moskau und Pjöngjang werden davon profitieren. Russland ist bereit, es hat seine Bahn in die wirtschaftliche Sonderzone Rason in Nordkoreas äußerstem Nordosten schon vor einigen Jahren ausgebaut.

In der Stadt Kaesong unmittelbar nördlich der Grenze richten die beiden Koreas ein gemeinsames Verbindungsbüro ein, eine Vorstufe zu diplomatischen Beziehungen. Viele Südkoreaner erwarten, dass die Wirtschaftssanktionen bald aufgehoben werden. Das hat bereits die Grundstückspreise entlang der demilitarisierten Zone in die Höhe getrieben. Auch Chinas Grenzgebiete rechnen mit einem Ende der Sanktionen.

© SZ vom 02.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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