Kopftuch-Verbot:Symbolisches Aufmuskeln

Österreich will Grundschülerinnnen schützen - tut es aber an der falschen Stelle.

Von Matthias Drobinski

Ein erster Reflex: So ein Kopftuchverbot für Grundschüler, wie nun in Österreich beschlossen, wäre gut - ob man die Regierung in Wien mag oder nicht. Ein neunjähriges Mädchen kann noch nicht frei entscheiden; es gibt Berichte über Kampagnen salafistischer Gruppen und von Mobbing auf dem Schulhof. Und müsste der Staat nicht ein starkes Zeichen setzen gegen die abstruse, aber bei konservativen Muslimen verbreitete Vorstellung, die Ehre der Familie definiere sich über die absolute Kontrolle der Frau?

Ja, das sollte er. Aber ein pauschales Kopftuchverbot ist kein starkes Zeichen, sondern ein symbolisches Aufmuskeln. Es stellt muslimische Eltern unter Pauschalverdacht, gefährdet den Schulfrieden und hilft den zwischen den Kulturen zerrissenen Mädchen nicht, die im Zweifel das Kopftuch gleich nach Schulschluss wieder anziehen müssen. Der Versuch von ÖVP und FPÖ, mit einiger Rabulistik zwischen der guten Kippa und dem bösen Kopftuch zu unterscheiden, ist zudem verfassungsrechtlich hoch bedenklich.

Der Streit ums Kopftuch lässt sich letztlich nur im Einzelfall gut lösen. Die Schulen könnten aber durchaus härter durchgreifen, wenn Mädchen bedrängt werden oder Eltern sie von Ausflügen und vom Schwimmunterricht abhalten wollen. Das Kopftuch ist dabei jedoch meist das kleinste Problem.

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