Konservatives Wunderkind Jonathan Krohn:Mit 17 zu reif für die Republikaner

Jonathan Krohn hielt mit 13 seine erste Rede auf einer Aktivistenkonferenz der Republikaner, schrieb ein Buch über Konservatismus und wurde zum Posterboy des rechten Amerika. Drei Jahre später hat er keine Lust mehr auf die Grand Old Party - und will sogar Obama wählen.

Johannes Kuhn

Nur drei Minuten benötigte Jonathan Krohn im Februar 2009, um zum Jungstar des konservativen Amerika zu avancieren: "Wir glauben an Prinzipien, wir glauben daran, dass die Bürger zuerst kommen", rief er den Teilnehmern der Conservative Political Action Conference zu. "Ich möchte, dass das amerikanische Volk versteht, dass es Konservativen darum geht, die Rechte der Menschen zu schützen."

Zu diesem Zeitpunkt war der junge Mann mit dem Harry-Potter-Look gerade 13 und hatte bereits das Buch Defining Conservatism verfasst. Was dem tosenden Applaus auf seine kurze Rede folgte, war der Aufstieg zum konservativen Aushängeschild, Kolumnisten und gern gesehenen Interviewpartner, nicht zuletzt als Symbolfigur der damals aufstrebenden Tea Party.

Das Time Magazine nominierte ihn 2009 sogar für die Auswahl der "Time 100", und bezeichnete ihn (je nach Sichtweise mehr oder weniger) schmeichelhaft in Anspielung auf den konservativen Radiomoderator und Entertainer Rush Limbaugh als "Lil' Limbaugh". Getreu seines Mottos "ich habe zu absolut allem eine Meinung" schrieb Krohn 2010 ein weiteres Buch mit dem sprechenden Titel Defining Conservatism: The Principles That Will Bring Our Country Back.

Seitdem wurde es etwas still um das republikanische Wunderkind und es dürfte nicht verwundern, wenn Rush Limbaugh dem 17-Jährigen nach der Lektüre einer aktuellen Politico-Meldung den Wiedergänger-Titel entziehen wird, hat Krohn doch dem Konservatismus den Rücken gekehrt.

"Ich war naiv"

"Ich glaube, ich war naiv", gab Krohn zu Protokoll, "Man sieht einen 13-Jährigen, der Dinge sagt, die er ganz lange gehört hat ... ich lebe in Georgia. Wir werden mit konservativem Gerede großgezogen ... die Rede war die eines 13-Jährigen."

Die Abrechnung mit der konservativen Vergangenheit ist nicht die einzige Aussage, die Tränen der Wut in die Gesichter der konservativen Meinungsmacher Rush Limbaugh, Bill O'Reilly oder Glenn Beck treiben dürfte. So erklärt Krohn zwar ausdrücklich, kein Liberaler geworden zu sein ("ich bin der Ideologien überdrüssig"), doch seine aktuellen Präferenzen und Einstellungen sprechen Bände. Die Homo-Ehe: unterstützt er. Obamas Gesundheitsreform: "Eine gute Idee." Seine Wahlentscheidung im November: "Wahrscheinlich Obama". Selbst beim Medienkonsum (Daily Show, Colbert Report, New Yorker) erinnert er an einen klassischen Liberalen.

Schuld am Sinneswandel des 17-Jährigen sind laut Krohn deutschsprachige Philosophen wie Nietzsche, Wittgenstein und Kant, nach deren Lektüre er dem Konservatismus den Rücken kehrte. Immerhin einmal eine Liste, auf der Angela Merkel nicht auftaucht.

Auch Joe der Klempner hilft nicht weiter

Bis sich der nächste 13-Jährige bereiterklärt, den Republikanern den Konservatismus zu erklären, muss sich die Grand Old Party wohl etwas gedulden. Bis dahin könnte die Partei auf ihre zweite Symbolfigur, Samuel "Joe the Plumber" Wurzelbacher aus Ohio, zurückgreifen.

Oder besser nicht: Der wütende Klempner aus dem Wahlkampf 2008, der derzeit für das US-Repräsentantenhaus kandidiert, sorgte jüngst mit einer gewagten Theorie zum Holocaust für Schlagzeilen: Dieser sei nur möglich gewesen, weil Deutschland 1939 den Besitz von Waffen reglementiert hätte.

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