Konsequenzen von Konjunkturhilfen:Streit um Bundeshaushalt

Kann man in der aktuellen Situation seriös über den Bundeshaushalt 2009 entscheiden? Die Grünen sagen Nein - doch die große Koalition verhindert einen Aufschub.

Die Große Koalition ist entschlossen, den Bundeshaushalt 2009 ohne weiteren Aufschub zu verabschieden. Zu Beginn der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses, der sogenannten Bereinigungssitzung, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Carsten Schneider, der Haushalt werde abgeschlossen. Einen Antrag der Grünen, die Beratungen zu verschieben, lehnte die Koalition mit ihrer Stimmenmehrheit ab. Der CDU-Politiker Steffen Kampeter bezeichnete die Forderungen der Opposition nach Aussetzung als "Sturm im Wasserglas".

Konsequenzen von Konjunkturhilfen: Der Streit im Bundestag um den Etat 2009 ist heftig

Der Streit im Bundestag um den Etat 2009 ist heftig

(Foto: Foto: dpa)

Die Grünen hatten kurzfristig eine Verschiebung gefordert. Unmittelbar vor Beginn der Bereinigungssitzung am Mittag erklärte der haushaltspolitische Sprecher Alexander Bonde, Grund seien die neuen Erwägungen der Bundesregierung, sich mit 25 Milliarden Euro an einem EU-Konjunkturprogramm zu beteiligen.

"Lug und Trug und eine Täuschung der Steuerzahler"

Bonde erklärte: "Es kann nicht sein, dass die Parlamentarier über Details des Haushalt beraten, während die Regierung gleichzeitig über weitere 25 Milliarden Euro, also fast zehn Prozent des Bundeshaushalts, öffentlich spekuliert." Der Bundestag müsse ernsthaft über die Ausgaben des Bundes beraten und entscheiden können, erklärte er.

"Die Bürger haben Anspruch darauf, dass der Etat die finanzielle Situation des Bundes für das nächste Jahr so umfassend und vollständig wie möglich abbildet. Alles andere wäre Lug und Trug und eine Täuschung der Steuerzahler", so Bonde weiter. Das Plenum des Parlaments soll laut dem bisherigen Zeitplan kommende Woche abschließend über den Haushalt abstimmen.

Wie es mit der Beteiligung am fraglichen europäischen Konjunkturpaket weitergeht, ist indes nach Darstellung der Bundesregierung noch nicht sicher. Es fänden derzeit Abstimmungsgespräche über die Vorschläge der EU-Kommission statt, endgültig entschieden werde beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 11./12. Dezember in Brüssel, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin.

Die Bundesregierung befürwortet grundsätzlich ein europaweites Vorgehen, besteht aber darauf, dass eigene nationale Pakete angerechnet werden. So hat die öffentliche Hand in Deutschland bereits Maßnahmen in einer Größenordnung von 32 Milliarden Euro zur Ankurbelung der Wirtschaft angestoßen.

Unterschiedliche Schätzungen zur Neuverschuldung

"Die Staaten, die in den letzten Wochen schon Maßnahmen getroffen haben, dürfen nicht bestraft und die, die nichts gemacht haben, bessergestellt werden", sagte Wilhelm. Die Brüsseler Kommission schlägt vor, dass die 27 EU-Staaten in einer gemeinsamen Kraftanstrengung ein Prozent ihrer Wirtschaftsleistung gegen die Rezession mobilisieren sollen.

Vor dem Antrag der Grünen auf Verschiebung der Beratungen hatte die Opposition der großen Koalition am Vormittag mangelnden Realitätssinn und unseriöse Etatplanung für 2009 vorgeworfen. Auch eine deutlich höhere Neuverschuldung von bis zu 18 Milliarden Euro reiche nicht aus, um die Belastungen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise aufzufangen, kritisierten FDP und Grüne. Aus ihrer Sicht muss Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mindestens 20 Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen.

In Union und SPD wird dagegen eine Neuverschuldung zwischen 16 und 18 Milliarden Euro im kommenden Jahr für durchaus möglich gehalten. Der Haushaltsausschuss sollte am Donnerstagnachmittag zur abschließenden Beratung über den Etatentwurf 2009 zusammenkommen. Ein Ergebnis wurde in der Nacht zu Freitag erwartet.

Haushaltslücke von rund sieben Milliarden Euro

Anders als in den Vorjahren müssen die Planzahlen aus dem Sommer stark überarbeitet werden, da die Konjunkturaussichten nach unten korrigiert wurden. Daraus ergeben sich für den Bund 2009 zwei Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen sowie höhere Arbeitsmarkt-Ausgaben. Hinzu kommen das Konjunkturpaket mit Kosten von 2,3 Milliarden Euro und Erlösausfälle aus abgesagten Privatisierungen. Das summiert sich auf eine Haushaltslücke von rund sieben Milliarden Euro.

Es gibt demgegenüber auch Einsparungen an anderer Stelle, was den Anstieg der Neuverschuldung dämpfen könnte. Das EU-Konjunkturpaket von bis zu 130 Milliarden Euro wird aus Sicht der Regierung zu keinen zusätzlichen Belastungen führen. In Berlin wird davon ausgegangen, dass die jüngsten Konjunkturmaßnahmen des deutschen Staates von insgesamt 32 Milliarden Euro bei den in Aussicht gestellten EU-Hilfen angerechnet werden.

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