Konsequenzen:Die Rache der Natur

Der griechische Umweltminister will die abgebrannte Gemeinde Mati wieder aufbauen - aber anders als bisher.

Von Christiane Schlötzer

Vier Männer, die sagten, sie hätten nichts falsch gemacht, sind jetzt nicht mehr im Amt: Der Feuerwehrchef, der Chef der griechischen Polizei, der Leiter des Katastrophenschutzes und der Vizeminister für den Bürgerschutz. Zwei Wochen hat es gedauert, bis sie nach der Brandkatastrophe ihre Posten räumten. Der öffentliche Druck war zu groß geworden. Die meisten Toten waren noch nicht identifiziert, da hatte Vizeminister Nikos Toskas, ein Ex-General, schon von "Indizien für Brandstiftung" gesprochen. Damit lag alle Schuld bei unbekannten Übeltätern. Inzwischen sagt das kein Regierungspolitiker mehr. Stattdessen heißt es: Man warte die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ab.

Das Ergebnis könnte für einige Verantwortliche unangenehm werden. "Das allgemeine Bild ist, dass die Behörden in Panik geraten waren", sagt ein Kommunalpolitiker aus einem der verbrannten Orte. Doch die Katastrophe hat auch tiefere Ursachen. Der Forstwissenschaftler Alexandros Dimitrakopoulos von der Aristoteles-Universität in Thessaloniki sagt: "Die Natur hat die Eigenschaft, Rache zu nehmen." Für die Fehler des Menschen, für eine extreme Urbanisierung. Dimitrakopoulos hat errechnet, dass das Feuer in Mati sich mit einer Geschwindigkeit von 100 Metern pro Minute ausgebreitet hat und 1200 Grad erreichte. "Das ist extrem."

Extrem waren auch die Wetterbedingungen: Sehr heiß, trocken, starker Wind. Auch Experten aus anderen Ländern warnen, im Mittelmeerraum würden die Folgen des Klimawandels besonders spürbar, mit Dürren, Hitzewellen.

Sokratis Famelos führt in Athen das "Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaänderungen." Seine Partei, die linke Syriza, hat im November 2017 ein Gesetz durchs Parlament gebracht, das den Abriss von Schwarzbauten erleichtern soll; Einspruchsfristen wurden verkürzt, den Gemeinden die Zuständigkeit entzogen. Was hat es gebracht? Das Ministerium ist in einem schmucklosen Betonbau untergebracht, Famelos sitzt im siebten Stock. Er sagt: "Fünf Tavernen bei Schinias, für die es seit 19 Jahren Abrissbescheide gab, sind beseitigt." Schinias ist nicht weit von Mati. Und die vielen Privathäuser dort ohne Baugenehmigung? "Fehlender politischer Wille" habe viel verhindert, sagt Famelos und meint vor allem die Vergangenheit. Dazu kämen bürokratische Hindernisse. "Ziel der Sparbeschlüsse war es ja, die Zahl der Beamten zu reduzieren." Auch das habe zu Verzögerungen geführt. Nun aber sei man dabei, das längst überfällige Waldkataster zu vervollständigen, bis Ende 2019 soll es soweit sein. "Niemand hat uns geglaubt, dass wir das machen." Der Widerstand war groß. "In einem Ort haben die Leute die Tür der Forstbehörde zugemauert, aus Protest." Mit dem Kataster setze die Syriza-Regierung, "der man oft unterstellt, sie sei gegen Europa, europäisches Recht um".

Das verbrannte Mati soll wiederaufgebaut werden, "als Stadt nach Plan". Nicht mehr wild und regellos. Und der Bergwald darüber? Der werde wiederaufgeforstet, sagt Famelos. Das verlange schließlich sogar die griechischen Verfassung.

Der Forstexperte Dimitrakopoulos, sagt: "Wir müssen entscheiden, wo Menschen leben sollen, und wo es Wald und Natur geben soll, sonst schaffen wir immer ein Desaster."

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