Konkurrenten:Chinas neue Seidenstraße

Aerial Views Of The Greek Capital

Cosco-Container im Hafen von Piräus: Mit einem Netz von Häfen will China sicherstellen, dass seine Exportprodukte schnell und günstig ihr Ziel erreichen.

(Foto: Simon Dawson/Bloomberg)

Pekings Staatskonzerne beteiligen sich an etlichen Häfen im Ausland - und sichern so den Zugang nach Europa. Hamburg kann das nicht gefallen.

Von Christoph Giesen

Vor sieben Jahre war es noch ein Novum. Chinas größte Reederei, die China Ocean Shipping Company (Cosco), pachtete 2009 für 35 Jahre die Hälfte des Hafens von Piräus. Stolze 647 Millionen Dollar war das den Investoren aus der Volksrepublik wert. Was wollte ein chinesischer Staatskonzern mit einem Hafen in einem europäischen Krisenland? So rätselte man damals. Wollte Peking sich Einfluss auf europäischer Ebene erkaufen, indem man Athen finanziell unter die Arme griff? Weit gefehlt.

Der Hafen von Piräus war nur der Anfang. Inzwischen nimmt man die Auswirkungen selbst in Hamburg wahr. In den vergangenen Monaten und Jahren haben sich chinesische Staatskonzerne systematisch ein dichtes Netz an Hafenbeteiligungen im gesamten Mittelmeerraum zusammengekauft. Unternehmen der Volksrepublik halten Anteile an den italienischen Häfen in Genua und Neapel, in Ägypten sind sie in Alexandria und Said investiert, in Israel gehören ihnen zum Teil die Anlagen in Haifa und Ashdod, genauso wie im türkischen Kumport oder im algerischen Cherchell. Was 2009 bei der Offerte für Piräus noch belächelt wurde, ist für viele europäische Häfen zu einer ernsthaften Bedrohung geworden.

Denn das Ziel der chinesischen Einkaufsoffensive ist klar: Das Hafennetz soll sicherstellen, dass Waren aus China innerhalb kürzester Zeit den europäischen Großraum erreichen und die Hafen- und Frachtgebühren dafür so gering wie möglich sind, damit Produkte aus der Volksrepublik wettbewerbsfähig bleiben. Schließlich ist kein Land der Welt - zumindest quantitativ - so stark im Exportgeschäft engagiert wie China.

Viele Computerhersteller verschiffen nur noch nach Piräus

Die Idee, mehrere Häfen in Europa zu kontrollieren, ist Teil einer der wichtigsten Wirtschaftsinitiativen der chinesischen Führung. Im Herbst 2013 stellte Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping seine Vision einer neuen Seidenstraße vor. "One Belt, One Road", heißt diese Strategie. Überall in Europa und Asien sollen Verkehrs- und Transportverbindungen entstehen. Manche davon mögen größenwahnsinnig klingen, wie etwa eine Schnellzugverbindung zwischen Peking und London, doch im Kern geht es um etliche Milliardenprojekte, die China stemmen möchte - natürlich sollen auch neue Häfen entstehen oder alte wieder profitabel gemacht werden. So wie im Fall von Piräus. Seitdem Cosco eingestiegen ist, verschiffen viele Computerhersteller, die allesamt in China fertigen lassen, ihre Produkte nur nach Griechenland. Den Anfang machte 2012 Hewlett-Packard. Chinesische Hersteller wie ZTE oder Huawei folgten, inzwischen nutzt auch Sony den griechischen Hafen. Innerhalb einer Woche können so Waren von der chinesischen Ostküste via Suezkanal Europa erreichen.

Künftig wird Piräus wohl noch eine größere Rolle in Europa spielen. Ende 2014 unterzeichneten die Regierungschefs aus China, Serbien und Ungarn ein Abkommen, die Bahnstrecke zwischen Budapest und Belgrad auszubauen. Bereits im kommenden Jahr sollen die Arbeiten beendet sein. Dann könnte sich die Lieferzeit für Güter aus Asien noch einmal deutlich verkürzen.

In Hamburg wird man das spüren. Ebenfalls registriert hat man, dass im Mai eine Cosco-Tochterfirma wieder in Europa eingekauft hat: 35 Prozent der Anteile am Euromax-Terminal in Rotterdam, Hamburgs ewigen Rivalen.

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