Grenzgebiet zu Afghanistan:Pakistan schließt Versorgungsroute der Nato

Pakistan wendet sich gegen die Nato: Das Land wirft dem Militärbündnis massive Grenzverletzungen vor - und schließt den wichtigsten Grenzübergang für Nato-Konvois.

Nach zunehmenden Angriffen auf pakistanisches Gebiet wachsen die Spannungen zwischen der Nato und Pakistan: Pakistanische Sicherheitskräfte schlossen am Donnerstag die wichtigste Nachschubroute für die ausländischen Truppen der Nato in Afghanistan. Wenige Stunden zuvor hatten Nato-Hubschrauber aus Afghanistan nach Angaben aus pakistanischen Sicherheitskreisen bei einem Angriff auf einen Grenzposten drei pakistanische Soldaten getötet. "Wir haben Anordnungen von unserem Hauptquartier bekommen, alle Nato-Lieferungen zu stoppen", sagte ein Offizier der paramilitärischen Grenztruppen (FC), der ungenannt bleiben wollte, am Grenzübergang Torkham. "Der andere Transitverkehr zwischen Pakistan und Afghanistan läuft normal weiter."

Grenzgebiet zu Afghanistan: Ein pakistanischer Sicherheitsbeamter an der Grenze zu Afghanistan.

Ein pakistanischer Sicherheitsbeamter an der Grenze zu Afghanistan.

(Foto: AP)

Islamabad hatte bereits zu Wochenbeginn mit "entsprechenden" Gegenmaßnahmen gedroht, sollte die Nato-geführte Internationale Schutztruppe Isaf Angriffe auf pakistanischem Territorium fortsetzen. Diese Angriffe seien "ein klarer Verstoß gegen das UN-Mandat", auf dessen Grundlage die Isaf operiere. Dennoch kam es am Donnerstag nach Angaben aus der Armee und den Grenztruppen zu einem Nato-Hubschrauberangriff im Stammesgebiet Kurram, bei dem drei pakistanische Soldaten getötet und drei weitere verletzt worden. "Unsere Truppen haben angemessene Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um auf solche Aggressionen zu reagieren", sagte ein FC-Offizier. Einzelheiten nannte er nicht.

Die Nato-geführte Isaf hatte hingegen zur Begründung mitgeteilt, die Aufständischen hätten von dort aus Soldaten in Afghanistan angegriffen. Die Isaf habe keine Bodentruppen eingesetzt und nicht gegen Einsatzregeln verstoßen. Gegenüber dem Onlineportal des Magazins Spiegel sagte ein Sprecher der Isaf, Soldaten der Nato hätten eine Gruppe von Aufständischen ausgemacht, die im Grenzgebiet mit Mörsern auf ein Alliierten-Camp in der afghanischen Provinz Paktia feuerten. "Unsere Soldaten haben Luftunterstützung angefordert, und nach erster Aufklärung gingen die Einsatzkräfte in der Luft davon aus, dass der Gegner sich auf afghanischem Boden befindet." Der Sprecher berief sich auf Aussagen von beteiligten Soldaten, nach denen die Hubschrauber der Isaf nicht in pakistanisches Hoheitsgebiet eingedrungen seien. Er kündigte an, den Vorfall gründlich untersuchen zu lassen.

Wenige Stunden darauf kam es nach Angaben aus pakistanischen Sicherheitskreisen zu einer weiteren Grenzverletzung der Nato. Einzelheiten wurden nicht bekannt. Während die pakistanische Regierung Drohnenangriffe des US-Geheimdienstes CIA gegen Extremisten in den Stammesgebieten toleriert, protestiert sie scharf gegen die Nato-Grenzverletzungen. Am Donnerstag hielt sich CIA-Direktor Leon Panetta in Islamabad auf. Am vergangenen Wochenende und am Montag waren bei Nato-Hubschrauberangriffen Dutzende Aufständische auf der pakistanischen Seite der Grenze getötet worden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: