Kongress der Grünen:"Wenn man will, geht das"

Annalena Baerbock und Joe Kaeser im Februar 2020 beim Wirtschaftskongress der Grünen-Bundestagsfraktion

Wer erklärt wem die Welt? Baerbock und Kaeser im Februar 2020 beim Wirtschaftskongress der Grünen-Bundestagsfraktion.

(Foto: Christophe Gateau/dpa)

Siemens-Chef Joe Kaeser erklärt einen Kohle-Ausstieg schon im Jahr 2030 für möglich. Und er hat Vorschläge zum Umgang mit SUV-Fahrern.

Von Clara Lipkowski, Berlin

Ein Siemenschef im Plaudermodus und eine schlagfertige Grünen-Vorsitzende - so zeigten sich Joe Kaeser und Annalena Baerbock am Freitag beim Wirtschaftskongress der Grünen. Im ehemaligen DDR-Kino Kosmos ging es vor allem um die Verantwortung von Unternehmen in der Klimakrise.

Kaeser war zuletzt wegen geplanter Zulieferungen von Siemens an ein Kohlebergwerk in Australien in die Kritik geraten. "Etwas, was wir niemals hätten machen dürfen", sagte er nun. Er berichtete von Protestmails: zunächst ein paar Hundert, dann insgesamt 16 000, er habe geglaubt, sein Handy sei kaputt. Lachen im Saal. Trotz teils unterschiedlicher Auffassungen waren viele im Publikum, die ihm freundlich gesonnen waren.

Auch weil er kritisierte, dass der Kohleausstieg nicht erst 2038 passieren müsse. 2030 ginge auch. "Wenn man das will, dann geht das." Nicht gerade hilfreich sei es, erst in der Kohlekommision zur Lösung zu kommen und dann "schwuppdiwupp - geht man da raus, dreht sich um und sagt, die Braunkohle muss doch noch etwas länger bleiben".

Kaeser nahm die deutsche Autowirtschaft in den Blick, ein Wohlstandsfaktor und eine Branche, von der etwa 2,5 Millionen Menschen abhingen. "Da kommen wir sofort auf das Thema Wasserstoff", sagte er. Mit dem synthetischen Treibstoff könne man relativ einfach ein Prozent Kohlendioxid im Jahr, also neun bis zehn Millionen Tonnen, sparen. Quoten, Verbote beim Übergang zur Elektromobilität? Nicht nötig. An Annalena Baerbock gewandt, sagte er: "Versuchen Sie doch, Verhaltensveränderungen der Verbraucher zu erreichen." Sein Vorschlag: "Wenn einer SUV fahren will, lassen Sie ihn doch! Aber dann kostet die Steuer statt 500 Euro eben 5000!" Applaus im Saal. Jetzt, sagte Baerbock, sei sie kurz davor, Kaeser einen Mitgliedsantrag für die Grünen zu überreichen.

Sie erinnerte daran, dass die Grünen schon länger einen Preis für Kohlendioxid gefordert hätten, aber dafür lange verlacht worden seien. "Jetzt sagen alle: CO₂-Preise? Sind ja ein Superding. Das hätten die alle gerne selbst erfunden." Die Grünen hatten in den Verhandlungen ums Klimapaket gefordert, jede ausgestoßene Tonne CO₂ mindestens mit 60 Euro zu besteuern. Aber "nur mit Ach und Krach" hätten sie es geschafft, den Preis von zehn auf 25 Euro "hochzukriegen", sagte Baerbock, und bereits das habe ihnen "Dresche" eingebracht. Zur Stahlproduktion regte Baerbock an: "Warum sagen wir Unternehmen nicht: Ihr seid verpflichtet, einen gewissen Anteil von klimaneutralem Stahl zu verbauen?" Solche Betriebe könnten staatlich unterstützt werden.

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