Süddeutsche Zeitung

Trotz Vorwurf der Wahlfälschung:Oberstes Gericht im Kongo erklärt Tshisekedi zum rechtmäßigen Präsidenten

  • Nach dem umstrittenen Ergebnis der Präsidentschaftswahl in der Demokratischen Republik Kongo erklärt das Oberste Gericht des Landes Félix Tshisekedi offiziell zum Sieger.
  • Eine Klage des zweitplatzierten Oppositionspolitikers Martin Fayulu gegen das vorläufige Wahlergebnis wies das Gericht als "unbegründet" zurück.
  • Dabei gibt es Hinweise, dass wahrscheinlich Fayulu die Wahl gewonnen hat.

Trotz glaubhaften Vorwürfen des Wahlbetrugs hat das Verfassungsgericht in der Demokratischen Republik Kongo Beschwerden der Opposition gegen das amtliche Ergebnis der Präsidentenwahl zurückgewiesen. Kandidat Félix Tshisekedi habe die Präsidentenwahl rechtskräftig gewonnen, erklärte das Verfassungsgericht in Kinshasa am Sonntagmorgen.

Dem Kongo steht damit ein historischer Machtwechsel bevor: Tshisekedi wird dem nach knapp 18 Jahren aus dem Amt scheidenden Präsidenten Joseph Kabila nachfolgen. Er soll schon am Dienstag als neuer Präsident des zentralafrikanischen Staates vereidigt werden.

Eine Klage des nach offizieller Darstellung unterlegenen Oppositionspolitikers Martin Fayulu gegen das vorläufige Wahlergebnis wies das Gericht als "unbegründet" zurück. Eine Neuauszählung der Stimmen lehnten die Richter ab. Auch in der Tatsache, dass die Wahl wegen Unruhen und einer Ebola-Epidemie in Teilen des Landes noch gar nicht stattgefunden hat, sah das Gericht kein Problem. Damit bleiben etwa 1,25 Millionen von 40 Millionen Wahlberechtigten ausgeschlossen.

Es wird nicht erwartet, dass der Richterspruch die Kritiker des Wahlergebnisses zum Schweigen bringt. Auch Fayulu akzeptiert die Entscheidung des Gerichts nicht. Er appellierte am Sonntag an die internationale Gemeinschaft, Tshisekedi nicht als Präsidenten anzuerkennen. Er selbst sei "der einzig rechtmäßige Präsident". Die Kongolesen rief der dazu auf, friedlich gegen die Entscheidung demonstrieren.

Fayulu war bei der Wahl vom 30. Dezember für ein breites Oppositionsbündnis angetreten und galt als Favorit. Unterlagen zufolge, bei denen es sich nach Angaben eines Mitarbeiters der Wahlbehörde CENI um das eigentliche Endergebnis handeln soll und die auch der SZ vorliegen, ist Fayulu der eigentliche Gewinner der Wahl. Demnach erhielt er knapp 60 Prozent der Stimmen.

Auch die Afrikanische Union zweifelt am Wahlergebnis

Auch Kongos katholische Kirche - die wohl einflussreichste Institution des Landes - hatte unter Berufung auf ihre etwa 40 000 Wahlbeobachter erklärt, dass Tshisekedi nicht gewonnen habe. Am Donnerstag hatte zudem die Afrikanische Union (AU) auf einer Sondersitzung "ernsthafte Zweifel" am Ergebnis der Präsidentenwahl geäußert und eine Verzögerung der Bekanntgabe des Endergebnisses gefordert.

Wegen des Streits um das Wahlergebnis wuchs international die Sorge vor einer Eskalation im Kongo. Das Land hat seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1960 noch nie einen friedlichen Machtwechsel erlebt.

Die Demokratische Republik Kongo ist eines der instabilsten Länder Afrikas. Die Präsidentschaftswahl hätte laut Verfassung eigentlich schon vor zwei Jahren stattfinden müssen. Da sich der seit 2001 regierende Präsident Kabila jedoch weigerte, wie vorgesehen nach zwei Amtszeiten abzutreten, wurden die Wahlen mehrfach verschoben. Proteste dagegen wurden blutig niedergeschlagen.

Für seine Nachfolge hatte Kabila bei der Wahl Emmanuel Ramazani Shadary ins Rennen geschickt, der jedoch abgeschlagen auf dem dritten Platz landete. Angesichts dessen Niederlage soll Kabila unbestätigten Vorwürfen zufolge einen Pakt mit Tshisekedi geschlossen haben. Um dem moderaten Oppositionellen den Weg an die Macht zu bereiten, soll dieser zugesagt haben, nicht strafrechtlich gegen Kabila vorzugehen. Das Urteil des Gerichts kam nicht überraschend, da die Richter als Gefolgsleute Kabilas gelten.

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