Angesichts der Eskalation der Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo hat US-Außenminister Marco Rubio alle beteiligten Parteien zu einem sofortigen Waffenstillstand aufgefordert. In einem Telefonat mit Ruandas Präsident Paul Kagame sagte Rubio, dass er über die zunehmende Gewalt im Osten Kongos zutiefst beunruhigt sei, wie das US-Außenministerium mitteilte.
Am Montag war die von Ruanda unterstützte Rebellenmiliz M23 in die strategisch wichtige Provinzhauptstadt Goma eingedrungen. Sie liegt in einem der rohstoffreichsten Gebiete der Demokratischen Republik Kongo und grenzt an Ruanda. Rubio rief alle Parteien auf, die territoriale Integrität des Landes zu respektieren. Das übergeordnete Ziel der USA sei ein dauerhafter Frieden.

Kämpfe in Ostkongo:Afrikas dreißigjähriger Krieg spitzt sich nochmals zu
Die Rebellengruppe M23 erobert in Ostkongo die Millionenstadt Goma – mutmaßlich unterstützt vom Nachbarland Ruanda. Die Regierung spricht von einer „Kriegserklärung“.
Kongos Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner forderte unterdessen internationale Unterstützung. Sie adressierte den UN-Sicherheitsrat in New York und fragte rhetorisch, welches internationale Recht Ruanda noch verletzen müsse, „damit der Rat endlich die notwendigen Maßnahmen gegen Kigali ergreift“. Sie teilte mit, dass in den Kampfgebieten in den vergangenen 24 Stunden mehr als 100 Patienten in Krankenhäuser des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz eingeliefert worden seien. Die humanitäre Lage verschlechtere sich zusehends.
Demonstranten hatten im Kongo zuvor afrikanische Botschaften angegriffen. Betroffen seien die Botschaftsgebäude von Kenia, Südafrika und Uganda in der Hauptstadt Kinshasa, sagte der kenianische Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten Korir Sing'oei. Auch Botschaftspersonal sei angegriffen worden.
Der kongolesische Polizeibeamte Felix Mwisa sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Botschaft Ruandas sei ebenfalls angegriffen und geplündert worden. Nach Angaben der Konrad-Adenauer-Stiftung, deren Büros sich im gleichen Gebäude befinden, wurden auch Fahrzeuge der deutschen Stiftung in Brand gesetzt. Zudem wurden am Dienstag die Botschaften von Frankreich, Belgien und den Niederlanden angegriffen, wie die jeweiligen Regierungen bestätigten.
Auslöser der aktuellen Entwicklungen ist das Vorrücken der Rebellenmiliz M23 zusammen mit Soldaten aus dem Nachbarland Ruanda im Osten des Landes. M23 kämpft seit Jahren gegen kongolesische Regierungstruppen und mit ihr verbündete Milizen, um sich den Zugang zu Bodenschätzen zu sichern. Die Gesamtzahl der Vertriebenen im Land wird laut der Europäischen Union auf mittlerweile mehr als sieben Millionen Menschen geschätzt.
Experten fürchten einen regionalen Krieg
Die Rebellen behaupten, die in Kongo lebenden Angehörigen der Tutsi-Volksgruppe zu schützen. Die kongolesische Regierung wirft Ruanda hingegen unter anderem vor, illegal Coltan, das für die Elektroindustrie wichtig ist, aus Kongo einzuführen, um es von dort auf den Weltmarkt zu bringen.
Nach Einschätzung von Experten droht ein großer Krieg in der Region. Sie kritisieren insbesondere Ruanda. „Das Risiko, dass die Situation in einen regionalen Konflikt eskaliert, ist real“, schreiben Analysten des Thinktanks International Crisis Group. „Bleiben die Kämpfe unkontrolliert, könnten sie sich in der gesamten Region der Großen Seen ausbreiten und an die Schrecken der späten 1990er- und frühen 2000er-Jahre erinnern, als Millionen Menschen in einem länderübergreifenden Krieg in Kongo starben.“