Afrika:Kongo verklagt Apple wegen „Blutmineralien“

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Der Kongo verfügt über große Vorkommen wichtiger Rohstoffe wie Gold, Zinn oder Kobalt (im Bild). Der Bevölkerung bringt das keinen Wohlstand, sondern vor allem blutige Konflikte. (Foto: Junior Kannah/AFP)

Apple verwendet für seine Smartphones angeblich Mineralien aus dem Osten der Demokratischen Republik Kongo – wo bewaffnete Gruppen die Bevölkerung terrorisieren. Das Land will den US-Tech-Giganten deshalb in Europa vor Gericht bringen.

Von Paul Munzinger, Kapstadt

Die Demokratische Republik Kongo hat in Frankreich und Belgien Klagen gegen die dortigen Ableger von Apple eingereicht. Der Staat im Zentrum Afrikas wirft dem Technikgiganten vor, für die Herstellung seiner Geräte Rohstoffe aus Konfliktregionen zu benutzen und deren Herkunft zu verschleiern. Apples Lieferkette in Afrika sei von „Blutmineralien“ (blood minerals) verunreinigt, heißt es in der Mitteilung der internationalen Juristengruppe, die den Kongo vertritt.

Der US-Amerikaner William Bourdon, einer der Anwälte, bezeichnete die Klagen dort als „ersten Schritt, um einen der größten Technologiekonzerne für seine Politik der endlosen Bereicherung unter Billigung schwerster Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen“. Im April dieses Jahres habe man Apple eine Liste von Fragen zu seiner Lieferkette zukommen lassen, die das Unternehmen nicht in zufriedenstellendem Maße beantwortet habe.

Apple beteuert, sich für eine „verantwortungsvolle Beschaffung“ einzusetzen

Apple, dessen Hauptsitz sich im US-Bundesstaat Kalifornien befindet, wies die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen setze sich „für eine verantwortungsvolle Beschaffung ein“, teilte es in einer Stellungnahme mit. Apple beziehe seine Rohstoffe über Zulieferer, an die man „die höchsten Standards der Branche“ anlege. Als der Konflikt in der Region in diesem Jahr erneut eskalierte, habe man die Zulieferer angewiesen, kein Zinn, Wolfram, Tantal und Gold mehr aus dem Kongo und dem benachbarten Ruanda zu beziehen. Die Mehrheit der von Apple verwendeten Mineralien sei recycelt.

Zinn, Wolfram und Tantal – aufgrund ihrer englischen Namen tintungsten und tantalum als „3T“ bezeichnet – sowie Gold sind wichtige Bestandteile von Computern, Handys, Batterien und Solaranlagen. Im Osten des Kongo und den angrenzenden Ländern gibt es große Vorkommen, die aus Sicht von Experten ein Hauptgrund für den seit den 1990er-Jahren anhaltenden Konflikt in der Region sind. Einige Minen befinden sich in der Hand der zahlreichen bewaffneten Gruppen, die um die Vorherrschaft im Osten des Kongo kämpfen – und dabei Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben haben.

Ein Minenarbeiter wäscht im Osten des Kongo Zinnerz. (Archivbild) (Foto: Reuters)

Viele Länder bemühen sich deshalb seit Jahren, das milliardenschwere Geschäft mit den Rohstoffen besser zu regulieren und die Lieferketten transparenter zu machen. Auch die USA und die Europäische Union verpflichten Firmen, die Herkunft von Zinn, Wolfram, Tantal und Gold zu prüfen, um den Konflikt in der Region nicht weiter anzuheizen.

Dass der Kongo Apple nun in Europa vor Gericht bringen will und nicht etwa in den USA, könnte ein Hinweis darauf sein, dass seine Juristen die europäische Regulierung für strikter und die Erfolgsaussichten deshalb für besser halten. Die Gruppe von Anwälten teilte mit, sie habe auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über ihre Klagen informiert. Man wolle einen Dialog darüber eröffnen, heißt es dort, welche Rolle die EU in dem Bemühen spielt, bewaffnete Gewalt in den Mineralienlieferketten Subsahara-Afrikas zu beenden.

Die Anwälte berichten von Täuschung mithilfe eines ausgeklügelten Verschleierungssystems

Der Rohstoffabbau in der Demokratischen Republik Kongo sei die Ursache unvorstellbaren Leids der Zivilbevölkerung in Teilen des Landes, heißt es weiter in der Mitteilung der Anwälte. Er habe einen Kreislauf von Gewalt und Konflikten angeheizt, indem er Milizen und Terroristen finanziert, und habe zur Zwangsarbeit von Kindern und Umweltzerstörung beigetragen. Ein ausgeklügeltes Verschleierungssystem ermögliche es, die Konfliktmineralien aus dem Kongo herauszuschmuggeln und zu verkaufen.

Apple, so der Vorwurf der Juristen, täusche seine Kunden darüber bewusst. „Es ist ein Billionen-Dollar-Unternehmen, von dem man annehmen muss, dass es um die Folgen seiner Handlungen weiß“, so der Anwalt Robert Amsterdam, dessen in Washington ansässige Kanzlei Amsterdam & Partners beim Verfassen der Klagen federführend war.

Apple hatte in der Vergangenheit nach entsprechenden Vorwürfen auf einen Bericht über seinen Umgang mit Konfliktmineralien im Jahr 2023 verwiesen. Demnach hatten sich – zum neunten Mal in Folge – alle Zulieferer einer unabhängigen Prüfung unterzogen. Von 14 Firmen, die sich einer solchen Prüfung verweigert oder anderweitig Apples Standards unterlaufen hätten, habe man sich getrennt. Für die Behauptung, dass auch nur einer der Zulieferer direkt oder indirekt bewaffnete Gruppen im Kongo oder angrenzenden Ländern finanziere oder unterstütze, gebe es keine belastbare Grundlage.

Im Osten des Kongo stehen der Armee mehr als 100 bewaffnete Gruppen gegenüber, mehr als sieben Millionen Menschen sind auf der Flucht. Die Kämpfe haben sich seit vergangenem Jahr wieder massiv verschärft. Die größte Rebellengruppe M23 wird nach Überzeugung vieler Experten von Ruanda aus unterstützt.  Friedensgespräche, die vor wenigen Tagen unter Vermittlung Angolas stattfinden sollten, waren gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen hatten.

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