Konflikte - Hannover:Gemeinsame Erklärung von Juden und Muslimen geplant

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Hannover (dpa/lni) - Muslime und Juden in Niedersachsen planen angesichts der Gewalt-Eskalation im Nahost-Konflikt eine gemeinsame Erklärung. Die Zusammenarbeit zwischen den Verbänden im Land sei vorbildlich, sagte Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Vorsitzenden der Palästinensischen Gemeinde Hannover, Yazid Shammout, sei er freundschaftlich verbunden.

Am Dienstag (18. Mai) solle die Erklärung der vier niedersächsischen Verbände - auch Ditib und Schura - im Beisein von Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) unterzeichnet werden. "Wir haben es über Jahrzehnte geschafft, trotz unterschiedlicher Meinungen respektvoll miteinander umzugehen", sagte Shammout der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Montag).

"Wir wollen nicht hinnehmen, dass in Deutschland judenfeindliche Parolen skandiert werden, israelische Fahnen verbrannt werden und Synagogen angegriffen und Juden bedroht werden", sagte Fürst. "Wir sind gemeinsam gegen jede Form von Gewalt und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit." Es sei zu befürchten, dass die Auseinandersetzung in Israel, sollte sie sich noch erweitern, zu einem Erstarken des Antisemitismus in Deutschland führe. Gleichzeitig könnte die Islamfeindlichkeit zunehmen.

Die Eskalation der Gewalt zwischen Israel und militanten Palästinensern hatte am Wochenende Hunderte Menschen in vielen niedersächsischen Städten auf die Straße gebracht. Mehrheitlich handelte es sich um Pro-Palästina-Demonstrationen. Nach Polizeiangaben verliefen die Kundgebungen weitgehend friedlich.

Innenminister Boris Pistorius hatte den jüdischen Einrichtungen im Land wegen der Gewalt-Eskalation in Nahost in der vergangenen Woche größtmöglichen Schutz zugesichert. Polizei und Sicherheitsbehörden seien zu höchster Wachsamkeit aufgerufen, sagte der SPD-Politiker.

Das Land habe die Sicherheit sämtlicher jüdischer Gemeinden und Institutionen vollständig prüfen lassen, sagte Fürst. Anlass war dabei der Anschlag auf eine Synagoge in Halle in Sachsen-Anhalt. Allerdings müssten nun auch Mittel bereitgestellt werden, um die Sicherheitsvorkehrungen zu verbessern.

Pistorius kündigte an, die örtlichen Versammlungsbehörden dabei zu unterstützen, anti-israelische beziehungsweise pro-palästinensische Demonstrationen im näheren Umfeld von Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen zu beschränken oder zu verbieten. Das Innnministerium verwies dazu auf das Niedersächsische Versammlungsgesetz, das bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Einzelfall sogar ein Verbot vorsehe.

Niedersachsens Antisemitismusbeauftragter Franz Rainer Enste sagte am Montag: "Der Ausbruch von Gewalt im Nahen Osten hat eine erschütternde und erschreckende Dimension erreicht." Der Einsatz von Waffen führe dazu, dass unzähligen Menschen ungeheures Leid zugefügt werde - auf allen Seiten.

"In unserem Land sind wir gerade jetzt gefordert, alles erdenklich Mögliche zu tun, um die Sicherheit der hier lebenden Jüdinnen und Juden umfänglich zu gewährleisten", betonte Enste. Notwendig seien nochmals verstärkte Mittel und eine kluge Gesamtstrategie, die auch "eine stärkere Beobachtung der im Netz stattfindenden Unsäglichkeiten zum Inhalt" habe.

© dpa-infocom, dpa:210517-99-632168/4

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