Konflikte - Hamburg:Gauck: Ukraine muss Krieg gewinnen, Mahnende Worte zu China

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Hamburg (dpa/lno) - Nach Ansicht von Alt-Bundespräsident Joachim Gauck ist zum Erhalt der Stabilität Europas ein Sieg der Ukraine im von Russland begonnenen Krieg unabdingbar. Wirklichen Frieden in Europa werde es nur geben, "wenn die Ukraine diesen Krieg gewinnt", sagte Gauck am Mittwoch bei einer Veranstaltung in der Handelskammer Hamburg. Zwar sei noch nicht absehbar, wie dies gelingen könne. "Aber wenn es Putin gelingen würde, einem großen Land das Recht auf Selbstbestimmung, auf Souveränität und auf territoriale Integrität zu nehmen, wäre die Stabilität Europas einer andauernden Bedrohung, einer ernsthaften Gefährdung ausgesetzt."

Die russische Aggression mache deutlich, wie wichtig es sei, Handelsbeziehungen zu hinterfragen. "Unsere Sicherheit und Freiheit war lange Zeit in den billigen Energieimporten nicht eingepreist. Das Bitterste daran ist, dass nicht wir, sondern die Menschen in der Ukraine den höchsten vorstellbaren Preis dafür zahlen." Aus diesen Fehlern müsse man lernen, sagte Gauck vor rund 500 Gästen im Börsensaal der Handelskammer.

"Gemeinsam mit unseren Partnern müssen wir nun auch dringend eine kohärente Strategie gegenüber unserem größten Außenhandelspartner China entwickeln." Nicht erst seit den jüngsten Veröffentlichungen "über die brutalen und schockierenden Unterdrückungsmaßnahmen gegenüber den Uiguren sollte uns bewusst sein, mit was für einem System wir Geschäfte machen". Es sei beunruhigend, dass große Teile der deutschen Schlüsselindustrien in hohem Maße vom chinesischen Markt abhängig sind.

Wenn man jetzt der Ukraine politisch, finanziell und auch militärisch beistehe, "dann ist dies nicht nur ein Ausdruck unserer Solidarität, sondern auch der Selbstachtung, der gemeinsamen Achtung von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit", sagte der Alt-Bundespräsident. "Ich bin den Städten Kiew und Hamburg und ihren Bürgermeistern sehr dankbar, dass sie dies gemeinsam mit dem "Pakt für Solidarität und Zukunft" so deutlich zum Ausdruck bringen."

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hatten den Pakt zwischen ihren Städten Ende April vereinbart. Dabei geht es um schnelle humanitäre Hilfe während des Krieges "und eine strategische Partnerschaft zwischen unseren Städten, sobald der Krieg beendet ist und der Wiederaufbau in der Ukraine beginnen kann", sagte Tschentscher bei einer Podiumsdiskussion nach der Rede Gaucks. Auch die Handelskammer, die Initiative #WeAreAllUkrainians und der Verein Hanseatic Help engagieren sich. Unternehmen und Bürger können ihren Beitrag in Form von Sach- oder Geldspenden leisten.

Wladimir Klitschko, der den Kiewer Bürgermeister bei der Veranstaltung vertrat und aus dem Büro seines Bruders per Video zugeschaltet war, betonte, dass der schon seit mehr als 100 Tagen andauernde Krieg für seine Landsleute ein Kampf ums Überleben sei. "Wir brauchen Unterstützung, um uns weiter wehren zu können und auch um die vielen Menschen zu versorgen, die aus den zerstörten Vorstädten oder umkämpften Gebieten nach Kiew geflohen sind."

Die Hilfen seien keine Einbahnstraße, sagte Klitschko. "Wir werden alles zurückgeben." Aber man könne "einen Krieg nicht mit Worten gewinnen, leider", sagte er. "In einem Krieg spielt auch das militärische Equipment eine entscheidende Rolle."

Mit der Veranstaltung sollte ein gemeinsames Zeichen für Solidarität, Zukunft und Gemeinwohl gesetzt werden. "Die riesige Resonanz auf diese Veranstaltung zeigt, wie wichtig es vielen Institutionen und Unternehmen ist, Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen angesichts des schrecklichen Krieges in der Ukraine", sagte Handelskammer-Präses Norbert Aust.

© dpa-infocom, dpa:220607-99-578445/4

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