Konflikte - Erbil:"Friedensdelegation" sitzt in Hotel im Nordirak fest

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Erbil/Düsseldorf/Hamburg (dpa) - Nach Problemen bei der Einreise in die kurdischen Autonomiegebiet im Irak sitzen Dutzende Mitglieder einer "Friedensdelegation" in einem Hotel in Erbil fest. Sicherheitskräfte der kurdischen Peschmerga hätten die rund 80 Mitglieder - etwa die Hälfte davon aus Deutschland - am Montag daran gehindert, das Hotel zu verlassen. Das teilte Clara Schuhmann vom Verein Cenî mit, der sich als "Kurdisches Frauenbüro für Frieden" bezeichnet. Eine für Montag geplante Fahrt der Delegation in mehrere kurdische Dörfer sei untersagt worden. "Die Lage ist unklar", sagte Schuhmann der Deutschen Presse-Agentur.

Die Delegation will sich nach Angaben der Linkspartei im Nordirak über die seit Wochen laufenden Militäreinsätze der Türkei informieren und auf die "völkerrechtswidrigen Angriffe" aufmerksam machen. Zu ihr gehören Politiker, Aktivisten und Journalisten. Dutzende reisten unter anderem aus Deutschland nach Erbil, Hauptstadt der kurdischen Autonomieregion, die an die Türkei grenzt. Auch aus anderen EU-Ländern sowie der Türkei reisten Mitglieder an.

Die faktische Festsetzung im Hotel folgt auf Vorfälle an Flughäfen in Erbil und Düsseldorf, bei denen Beteiligten die Ein- beziehungsweise Ausreise nach Erbil untersagt wurde. In Düsseldorf verpasste deshalb auch Cansu Özdemir, die Fraktionschefin der Hamburger Linken, ihren Flug in den Nordirak. Die Linkspartei forderte nach dem Vorfall vom Wochenende Aufklärung von der Bundesregierung.

In Erbil wurden laut Aktivisten rund 50 Menschen an der Einreise gehindert, darunter auch der Berliner Linken-Abgeordnete Hakan Tas. Nach seiner Ankunft aus Istanbul wurde er im Sicherheitsbereich des Flughafens festgesetzt. Beim Versuch, die zuständige Botschaft zu kontaktieren, sei ihm sein Handy abgenommen worden, sagte Tas der dpa. Er sei zweimal "verhört" worden und habe den Flughafen erst mit Hilfe seiner Kontakte und des Erbiler Bürgermeisters nach 13 Stunden im Sicherheitsbereich verlassen können. Teils wurden Mitglieder der Delegation aus Erbil auch zurück nach Deutschland geschickt.

Die türkische Regierung und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK bekämpfen sich seit Jahrzehnten. Die PKK gilt in der Türkei, Europa und den USA als Terrororganisation. Der seit 1984 andauernde Konflikt kostete Zehntausende Menschen das Leben. Seit dem Scheitern eines Waffenstillstands im Sommer 2015 fliegt das türkische Militär wieder regelmäßig Angriffe gegen die PKK im Nordirak und in der Südosttürkei. Die PKK wiederum verübt Anschläge.

© dpa-infocom, dpa:210614-99-986635/2

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: