Konflikte:Ukraine-Krise: Keine Annäherung zwischen Biden und Putin

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Russlands Präsident Wladimir Putin (l) und US-Präsident Joe Biden treffen sich zu einer Videokonferenz. Foto: Patrick Semansky/AP/dpa (Foto: dpa)

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Washington/Moskau (dpa) - Der Videogipfel von US-Präsident Joe Biden und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin hat keine Entspannung im Ukraine-Konflikt gebracht.

Der US-Präsident drohte Putin bei dem gut zweistündigen Gespräch im Falle einer russischen Invasion der Ukraine erneut mit "starken Wirtschaftsmaßnahmen" der USA und ihrer europäischen Verbündeten, wie Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan im Anschluss sagte. Biden habe für diesen Fall außerdem angekündigt, die Ukraine noch weiter aufzurüsten und die Nato-Partner an der Ostflanke zu stärken. Sullivan betonte zugleich, Biden habe Putin eine Alternative aufgezeigt: Deeskalation und Diplomatie. Nun müsse sich zeigen, wie Russland handeln werde.

Putin wiederum bekräftigte bei dem Videogipfel seine Forderung nach einem Stopp der Nato-Osterweiterung. Russland wolle verbindliche juristische Garantien, dass sich das westliche Militärbündnis nicht nach Osten ausweite und dort Angriffswaffen stationiere, sagte Putin nach einer am späten Dienstagabend vom Kreml veröffentlichten Mitteilung. Sullivan sagte jedoch, Biden habe hier keine Zugeständnisse gemacht. Der Präsident stehe dazu, "dass Länder in der Lage sein sollten, frei zu wählen, mit wem sie zusammenarbeiten".

Überschreitung einer "roten Linie"

Russland sieht sich von einem Vorrücken der Nato bedroht und will die Aufnahme der benachbarten Ex-Sowjetrepubliken Ukraine und Georgien in die Allianz verhindern. Putin hatte auch erklärt, dass eine Verlegung militärischer Nato-Infrastruktur in die Ukraine aus russischer Sicht die Überschreitung einer "roten Linie" darstelle.

Der Kreml beschrieb das Gespräch zwischen Putin und Biden als sachlich und offen. Sullivan nannte den Austausch "nützlich": Das Gespräch habe Biden ermöglicht, die US-Positionen in aller Deutlichkeit darzulegen.

Die USA werfen Russland seit Wochen einen Truppenaufmarsch unweit der Grenze zur Ukraine vor. Befürchtet wird im Westen demnach eine russische Invasion der Ex-Sowjetrepublik. Russland weist das zurück und wirft der Ukraine vor, mehr als 120.000 Soldaten an die Linie zu den Separatistengebieten verlegt zu haben.

Böse Erinnerungen an 2014

Die Entwicklungen wecken böse Erinnerungen an 2014. Damals hatte sich Russland die Halbinsel Krim einverleibt und mit der noch immer andauernden Unterstützung von Separatisten in der Ostukraine begonnen. Der Konflikt ist bis heute nicht gelöst, und es kommt in der Ostukraine immer wieder zu Gefechten.

Sullivan sagte, Biden habe Putin klar und deutlich gesagt, "dass wir bereit sind, Dinge, die wir 2014 nicht getan haben, jetzt zu tun". Zu Einzelheiten werde er sich nicht öffentlich äußern. Er betonte aber, die Vereinigten Staaten bereiteten sich auf alle Eventualitäten vor.

Laut Weißem Haus beriet sich Biden nach dem Putin-Gespräch mit der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Boris Johnson und dem italienischen Regierungschef Mario Draghi. Die Staats- und Regierungschefs hätten erneut ihre Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bekräftigt und betont, es sei an Moskau, die Spannungen zu reduzieren, hieß es. Bereits kurz vor dem Videogipfel mit Putin hatte sich Biden in dem Fünfer-Format mit den europäischen Verbündeten zusammengeschaltet.

Biden plant weitere Treffen

Sullivan betonte, die USA unterrichteten auch andere europäische Partner, Nato-Mitglieder und internationale Verbündete über das Gespräch mit Putin. Am Donnerstag wolle Biden mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen. US-Außenminister Antony Blinken hatte bereits am Montag mit Selenskyj telefoniert.

Wann sich wiederum Biden und Putin erneut austauschen werden, ist laut dem außenpolitischen Berater im Kreml, Juri Uschakow, noch unklar. Das sei schwer vorauszusagen, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. Allerdings seien Gespräche am Telefon oder eine Videoschalte leicht zu organisieren. "Wir müssen abwarten, wie sich die Situation entwickelt." Zunächst werde der Kreml das Gespräch mit Biden auswerten, sagte Uschakow. Das könne dauern.

Als Staatschefs hatten sich Putin und Biden erstmals im Juni in Genf persönlich getroffen. Bei dem Videogipfel am Dienstag ging es unter anderem auch um die Cybersicherheit beider Länder sowie um das iranische Atomprogramm und weitere internationale Konflikte.

© dpa-infocom, dpa:211207-99-292067/13

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