Süddeutsche Zeitung

Konflikt zwischen USA und Iran:Taktische Denkerei ist Trump fern

Der US-Präsident schimpft auf das Regime in Teheran. Sein Ton aber dürfte eher die Hardliner dort stärken. Allerdings ist Trump viel zu überzeugt von sich, um das zu sehen.

Kommentar von Stefan Kornelius

Auf seiner Weltreise der Verwünschungen ist Donald Trump wieder in Iran angekommen. Nach Nordkorea, Afrika und Europa bis hin zum kleinen Montenegro ist es nun also noch einmal Teheran, das als aktueller Gradmesser des Gemüts- und Gefühlszustands des Präsidenten herhalten muss. Und weil man diesen vulkanischen Feuerring inzwischen kennt, wird es sich nicht um den letzten Ausbruch dieser Art handeln. Allerdings stellt sich wie immer die Frage: Muss man alles, was dieser Mann verbreitet, auch ernst nehmen?

Das Iran-Repertoire kommt aus Trumps tiefstem Herzen. In der Kerngruppe der Trumpschen Wahlkampfversprechungen ist die Kündigung des Nuklearabkommens genauso zu finden wie die Drohung mit Tod und Teufel für Teheran. Anders als etwa bei Russland findet Trump diesmal Unterstützung bei den engsten Zuarbeitern. Sicherheitsberater John Bolton und Außenminister Mike Pompeo teilen die Analyse, Pompeo bezeichnete Iran gerade als Mafia-Staat.

Allerdings ist Trumps Attacke undifferenziert und damit wieder mal nur impulshaft. Er reagierte auf eine Rede von Hassan Rohani, in der Irans Präsident gesagt haben soll, "Krieg mit Iran ist die Mutter aller Kriege". Freilich hatte Rohani im selben Satz vorausgeschickt, dass "Amerika wissen soll, dass Frieden mit Iran die Mutter allen Friedens" sei. Deutungsschwer hinterließ er: "Sie sind nicht in einer Position, die iranische Nation gegen die iranische Sicherheit und die Interessen aufzuwiegeln."

Amerikas Sanktionen beginnen in nur einer Woche zu greifen

Wer die iranische Verhandlungsdenke aus der Zeit der Gespräche über das Atomabkommen in Erinnerung hat, der weiß die beiden Halbsätze über die Mutter aller Kriege und die Mutter des Friedens im Zusammenhang zu lesen und darin fast schon ein Angebot zu sehen. Außerdem ist bei geringer Befassung mit der Person Rohanis klar, dass die von ihm ausgedrückte Sorge über die Spaltung und Aufwiegelung des Landes an das eigene Volk gerichtet ist.

Amerikas Sanktionen, die in nur einer Woche wieder beginnen zu greifen, haben selbstverständlich das Potenzial zur Aufwiegelung. Wer auch immer das will, sollte sich zuvor über die Reaktion der Hardliner im Land und die Zukunft Präsident Rohanis Gedanken machen.

Das Ziel von Präsident Trump und dessen Umfeld ist einerseits eindeutig: Sie wollen den Regimewechsel in Teheran. Der Wunsch könnte freilich auf unangenehme Weise in Erfüllung gehen: Wenn nämlich die moderate Fraktion um Rohani die Macht verliert und die Hardliner das Land noch mehr in die Isolation und Schutzbedürftige wie das syrische Regime noch mehr in die Abhängigkeit treiben.

Derlei taktische Denkerei ist Trump fern. Er glaubt ja auch, dass es seine Drohungen waren, die den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un zu einem friedliebenden und abrüstungswilligen Menschen gemacht haben. Deswegen ist die Frage nicht unberechtigt, was von all den Drohungen ernst zu nehmen ist. Zunächst nicht viel: Die Nato steht noch, Wladimir Putin wird am US-Apparat abprallen, und selbst die Montenegro-Drohung hat dieses Land näher an die Allianz gebracht und in seiner Entschlossenheit gestärkt. Einerseits. Andererseits: Es ist der amerikanische Präsident, der unverhohlen mit Krieg droht.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir fälschlicherweise geschrieben, dass Donald Trump Mazedonien verball attackiert hat. Richtig ist, dass Trump diese Sätze Montenegro gegenüber ausgesprochen hat.

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SZ vom 24.07.2018/dit/cat
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