Konflikt um Besuchsverbot:Unionspolitiker gegen Abzug der Bundeswehr von Nato-Basis in der Türkei

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Ein Handout der Nato zeigt Awacs-Aufklärungsflugzeuge auf dem Flughafen des Militärstützpunkts in Konya (Archivfoto). (Foto: dpa)
  • Unionsexperten halten Forderungen nach einem Abzug deutscher Soldaten vom Nato-Stützpunkt Konya für "kurzsichtig und gefährlich".
  • SPD und Opposition hatten der Türkei mit diesem Schritt gedroht, sollte Ankara Bundestagsabgeordneten ein Besuchsrecht verweigern.
  • Anders als beim Streit um den Stützpunkt Incirlik ist Konya ein Nato-Stützpunkt.

Die Verweigerung des Besuchsrechts deutscher Abgeordneter auf dem Nato-Stützpunkt Konya durch die Türkei spaltet die deutsche Politik. Unionspolitiker reagierten ablehnend auf Vorstöße aus SPD und Opposition, die Bundeswehr gegebenenfalls von dem Stützpunkt abzuziehen und warnten vor einem solchen Schritt.

Forderungen nach einem Abzug seien "kurzsichtig und gefährlich", teilten der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, und der verteidigungspolitische Sprecher Henning Otte am Freitag mit. "Sie spielen Präsident (Recep Tayyip) Erdoğans Eskalationstaktik genau in die Hände."

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Mit Hinweis auf den Zustand der bilateralen Beziehungen habe das Land um eine Verschiebung gebeten, teilte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses mit.

Die deutsche Beteiligung am Awacs-Einsatz der Nato sei "sichtbare Bündnistreue" und ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS). "Erdoğan hätte mehr erreicht, als er sich zu erträumen wagt, wenn deutsche Soldaten aus Awacs aussteigen müssten", erklärten die Unionspolitiker weiter. Zudem würden Russlands Präsident Wladimir Putin und sein syrischer Kollege Baschar al-Assad "sich vor Begeisterung die Hände reiben".

Die Regierung in Ankara hatte am Freitag einen bereits genehmigten Besuch der Abgeordneten auf Konya offiziell auf unbestimmte Zeit verschoben. Als Begründung gab Ankara den derzeitigen Zustand der Beziehungen an.

"Ohne Besuchsmöglichkeit kann die Bundeswehr nicht in Konya bleiben"

Aus dem Bundestag kamen empörte Reaktionen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann drohte mit einem Abzug der deutschen Soldaten: "Ohne Besuchsmöglichkeit für den Bundestag kann die Bundeswehr nicht in Konya bleiben", sagte er. Auch der Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich (ebenfalls SPD), pochte darauf, dass Bundestagsabgeordnete das Recht haben müssten, die Soldaten im Einsatz zu besuchen. "Unter diesen Bedingungen, sehe ich keine Möglichkeit, das Mandat zu verlängern", drohte er.

Die Linke-Abgeordnete Sevim Dağdelen forderte sogar, den Bundeswehreinsatz in Konya sofort abzubrechen. Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour sprach von einer "weiteren Schau von Respektlosigkeit" gegenüber den parlamentarischen Gepflogenheiten in anderen Ländern.

Die Absage erfolgte weniger als eine Woche nach dem Besuch des türkischen Präsidenten Erdoğan in Hamburg. Die Bundesregierung hatte dem Staatsoberhaupt verboten, um den G-20-Gipfel herum zu seinen Landsleuten in Deutschland zu sprechen. Das jetzige Besuchsverbot könnte also eine Retourkutsche sein.

Besonderheit Nato-Stützpunkt

In Konya sind 10 bis 15 deutsche Soldaten stationiert, die sich am Einsatz von Awacs-Aufklärungsflugzeugen der Nato im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) beteiligen. Wegen eines Besuchsverbots für Abgeordnete auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik hatte die Bundesregierung im Juni entschieden, die dort stationierten 260 Soldaten mit ihren Tornado-Aufklärungsflugzeugen abzuziehen. Die Verlegung nach Jordanien hat bereits begonnen.

Anders als Incirlik ist Konya ein Nato-Stützpunkt. Der Streit wird damit zu einem Fall für das Militärbündnis. Deswegen schaltete sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg als Vermittler ein. "Der Generalsekretär ist wegen der Angelegenheit in Kontakt mit den Verantwortlichen der türkischen und deutschen Regierung", sagte der stellvertretende Bündnissprecher Piers Cazalet am Freitagabend.

Seinen Angaben zufolge geht es bei dem Engagement Stoltenbergs vor allem darum, Auswirkungen auf Einsätze der Nato zu verhindern. Der türkische Stützpunkt Konya sei für das Bündnis von zentraler Bedeutung, um Operationen zur Unterstützung der internationalen Koalition gegen die IS-Terrormiliz ausführen zu können, erklärte Cazalet.

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