Konflikt mit Russland:Merkel schließt neue Sanktionen aus

  • Die Lage in der Ostukraine verschärft sich trotz zahlreicher Appelle. Im Donbass sollen mindestens fünf Soldaten getötet worden sein.
  • Nun wollen die Außenminister der EU darüber beraten, wie sie dem Land helfen können - Bundeskanzlerin Merkel schließt neue Sanktionen vorerst aus.
  • Russischen Angaben zufolge haben sich Präsident Putin und US-Präsident Obama über die Situation in der Ukraine ausgetauscht.
  • Abkommen zwischen Kiew und den prorussischen Separatisten droht zu scheitern.

Merkel: Keine neuen Sanktionen

Trotz zunehmender Kämpfe in der Ostukraine will die Europäische Union zunächst keine neuen Sanktionen gegen Russland verhängen, um Druck auf moskautreue Separatisten in dem Bürgerkriegsgebiet zu erzwingen. Zwar könnte die Liste von Einzelpersonen erweitert werden, gegen die Einreiseverbote und Kontosperren gelten, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. "Darüber hinaus sind weitere Wirtschaftssanktionen derzeit nicht geplant", betonte sie.

Ziel sei es, die seit September geltende - aber brüchige - Waffenruhe zwischen dem ukrainischen Militär und den Separatisten umzusetzen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini riefen Armee und Aufständische auf, sich an die Waffenruhe zu halten. Steinmeier warnte, die Lage an der ukrainisch-russischen Grenze deute auf Vorbereitungen beider Seiten für neue Militäraktionen hin. "Das muss verhindert werden", forderte er.

Rubel stabilisiert sich

Die EU-Außenminister hatten eigentlich vor, kommende Woche erneut über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland zu beraten. Es werde eine entsprechende Diskussion beim EU-Außenministertreffen am Montag in Brüssel geben, sagte die Außenbeauftragte Mogherini. "Die Debatte wird sich aber nicht nur um eine Verschärfung der Sanktionen drehen, sondern vor allem darum, wie wir die Ukraine in diesen schwierigen Zeiten unterstützen können", sagte sie.

In der Vergangenheit haben die EU und die USA Sanktionen erlassen, die sich auf ungefähr hundert Personen erstrecken, die mit den russischen Aggressionen gegen die Ukraine in Verbindung stehen oder dem engsten Umfeld Putins angehören. Außerdem dürfen bestimmte Technologien nicht nach Russland geliefert werden, die auch militärisch genutzt werden können, sowie keine Technik, die zur Erschließung von Öllagerstätten genutzt werden kann.

Russische Firmen haben einen eingeschränkten Zugang zu den Kapitalmärkten in Europa und den USA. Dadurch steht der Rubel seit Wochen unter enormem Druck. Sowohl gegenüber dem US-Dollar als auch gegenüber dem Euro war er auf immer neue Tiefstände gefallen. Erst nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin und Zentralbankchefin Elwira Nabiullina angekündigt hatten, den Rubel mit gezielten Eingriffen zu stützen, stabilisierte er sich.

Treffen zwischen Obama und Putin

US-Präsident Barack Obama und der russische Staatschef Wladimir Putin haben am Rande des Asien-Pazifik-Gipfels (Apec) in Peking über die Krisen in der Ukraine und Syrien gesprochen. Die beiden hätten sich mehr als zweimal in den Pausen des Gipfelprogramms getroffen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge.

Dabei ging es demnach unter anderem auch um den Iran und die Beziehungen zwischen den USA und Russland. Am Wochenende werden Obama und Putin zum G20-Gipfel in Australien erwartet. Peskow sagte, er wisse nicht, ob es dort ein weiteres Treffen der beiden geben werde. Beobachter vermuten, die versammelten Staatschefs könnten Putin wegen der russischen Unterstützung für moskautreue Separatisten in der Ostukraine zur Rede stellen.

Ein Sitz mehr für Jazenjuk im Parlament

Zwei Wochen nach der Parlamentswahl in der Ukraine hat die Wahlkommission die Verteilung der 225 Mandate veröffentlicht, die über Parteilisten vergeben werden. Stärkste Partei mit 64 Sitzen wurde die proeuropäische Volksfront von Regierungschef Arsenij Jazenjuk.

An zweiter Stelle folgt mit 63 Mandaten der Block des prowestlichen Präsidenten Petro Poroschenko. 32 Mandate erlangte die Selbsthilfe-Partei des Bürgermeisters von Lwiw (Lemberg), Andrij Sadowyj. 27 Sitze gingen an den Oppositionsblock, 22 an die Radikale Partei und 17 an die Vaterlandspartei von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko (wer zu den Siegern und Verlierern der Wahl gehört: eine Analyse).

Allerdings werden weitere 198 der insgesamt 423 Sitze über Direktmandate vergeben. Das Endergebnis der Direktwahlkreise steht noch aus. 27 Sitze konnten wegen des Bürgerkriegs in der Ostukraine und der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland nicht vergeben werden.

Lage in der Ostukraine verschärft sich - trotz Minsker Abkommen

Im Donbass verschärfen sich die Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und der ukrainischen Armee. Der Sicherheitsrat in Kiew berichtete von mindestens fünf getöteten Soldaten bei Gefechten. In der Nähe der Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer wurde örtlichen Medien zufolge ein Frachtschiff von einer heftigen Explosion getroffen. Das Schiff konnte aber weiterfahren; Angaben über Verletzte gab es nicht.

Dazu kommt, dass sich offenbar Panzer, schwere Waffen und militärische Ausrüstung aus Russland durch das Konfliktgebiet bewegen. Das Verteidigungsministerium hat ein Video veröffentlicht, auf dem Militärfahrzeuge ohne Kennzeichen zu sehen sind. Reporter berichteten schon vor Tagen von Panzerkolonnen, die über die russische Grenze ins Land kommen.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) meldete eine verstärkte Truppenbewegung. Das verstößt gegen das Minsker Abkommen, das unter anderem eine "sofortige bilaterale Waffenruhe" sowie den Rückzug schwerer Waffen aus der Konfliktzone vorsieht (mehr dazu hier). Wie die ukrainische Zeitung Kyivpost berichtet, haben die prorussischen Separatisten den ausgehandelten Gefangenenaustausch mit der Ukraine bis zu einer nächsten Verhandlungsrunde in Minsk ausgesetzt.

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