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Konflikt mit Libyen:"Nicht wir handeln illegal, sondern die libysche Regierung"

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Die Organisation Ärzte ohne Grenzen beschuldigt die Regierung in Libyen, illegal gegen Seenotretter vorzugehen. "Nicht wir handeln illegal, sondern die libysche Regierung, wenn sie unseren Mitarbeitern droht, legale Rettungsaktionen in internationalen Gewässern mit Gewalt zu verhindern", sagte Deutschlandchef Volker Westerbarkey der Welt.

Ärzte ohne Grenzen, der deutsche Verein "Sea Eye" und die Hilfsorganisation "Save the Children" hatten am Wochenende ihre Rettungseinsätze im Mittelmeer ausgesetzt. Grund sei Libyens Ankündigung, die Such- und Rettungszone vor der Küste des Landes für ausländische Schiffe zu sperren. Die Ankündigung der Sperrzone sei mit einer "expliziten Drohung" verbunden gewesen, hieß es.

Westerbarkey sagte weiter: "Es werden mehr Menschen im Mittelmeer sterben, weil es weniger Schiffe vor Ort gibt, und es werden mehr Menschen in Libyen inhaftiert bleiben." Die Aussetzung der Einsätze begründete er mit Sicherheitsrisiken für die Helfer infolge der Drohung aus Tripolis. "Wir retten im Rahmen des geltenden Seenotrechts Menschen aus dem Wasser, die vor grausamen Zuständen in libyschen Internierungslagern fliehen", betonte der Mediziner. Westerbarkey bezeichnete Libyen als "Ort der Gesetzlosigkeit, willkürlichen Inhaftierung und extremen Gewalt".

Alfano wirft EU-Staaten Versagen bei Flüchtlingskrise vor

Italiens Außenminister Angelino Alfano forderte unterdessen weitere Bemühungen zur Stabilisierung Libyens, um die Lage für die Flüchtlinge dort zu verbessern. Die Vereinten Nationen sollten sich intensiver dafür einsetzen, die Regierung in Tripolis zu unterstützen, sagte er der Bild-Zeitung. Ziel sei es, "humanitäre Flüchtlingsunterkünfte" in Libyen zu schaffen. Dazu müsse das Land stabilisiert werden.

Den EU-Staaten warf Alfano Versagen im Umgang mit der Flüchtlingskrise auf dem Mittelmeer vor. Auf die Frage, ob sich Italien von Europa im Stich gelassen fühle, sagte er: "Ein ganz klares Ja!" Die Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Staaten "funktioniert überhaupt nicht", kritisierte der Minister. "Das bedeutet, dass die Flüchtlinge in Italien bleiben", sagte Alfano. Sein Land könne aber "diese Last nicht alleine verkraften".

Der Minister vermisst nach eigenen Worten eine gemeinsame europäische Migrationspolitik, die sich der ankommenden Bootsflüchtlinge annimmt. Alfano rechnet nach eigenen Angaben bis Ende des Jahres mit mehr als 200 000 Menschen, die über die Mittelmeerroute nach Europa kommen. Dies sei ein Ausmaß, "das für uns sehr schwierig ist", sagte er. Weitere Hunderttausende Menschen warteten in Libyen auf die gefährliche Überfahrt.

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